Vertrag mit verdächtiger Briefkastenfirma
Am 26. Februar ist Gianni Infantino zum neuen FIFA-Präsidenten gewählt worden und hat sich bei seiner Antrittsrede als Erneuerer des Fußballweltverbands präsentiert. Wenige Wochen danach könnte der Schweizer im Rahmen der Panama-Papers von seiner Vergangenheit, als er noch Direktor der UEFA-Rechtsabteilung war, eingeholt werden. Einen Hinweis auf Bestechung gibt es nicht, Fragen werden aber allemal aufgeworfen.
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Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) geht es konkret um einen TV-Deal mit einer Briefkastenfirma namens Cross Trading, den der 46-Jährige im September 2006 mit seiner Unterschrift absegnete. Die Briefkastenfirma kaufte der UEFA die Champions-League-Rechte von 2006 bis 2009 für 111.000 Dollar ab. In einem zweiten Vertrag bekam sie auch die Rechte am UEFA-Cup und am europäischen Supercup für denselben Zeitraum für 28.000 Dollar. Weiterverkauft wurden die Rechte um das Dreifache.
UEFA rudert nach Dementis zurück
Die Unterschrift Infantinos steht neben der Unterschrift eines Mannes, für den sich die FBI-Fahnder, die im FIFA-Fall ermitteln, interessieren: Hugo Jinkis, ein Sportrechtehändler aus Argentinien, der dieses Geschäft mit seinem Sohn Mariano betrieb. Das Problem für die UEFA an der Sache: Sie verkaufte die Rechte deutlich unter Marktpreis - und noch dazu an Personen, die von der US-Justiz im FIFA-Skandal angeklagt wurden.

AP/Maxi Failla
Im Juni 2015 wurden Hugo und Mariano Jinkis von Interpol aus einem Gerichtsgebäude in Buenos Aires geleitet
Die „SZ“ fragte erstmals am 2. September 2015 bei der UEFA und anschließend auch bei Infantino persönlich nach, ob Geschäfte mit den genannten Personen getätigt worden waren. Die UEFA dementierte über Monate: Infantino habe in keiner seiner Funktionen mit einer der genannten Personen oder Organisationen geschäftlich oder wissentlich anderweitig zu tun gehabt. Erst auf die direkte Konfrontation mit dem Vertrag von 2006 bezüglich der Unterschriften räumte die UEFA Ende März 2016 den Abschluss ein.
Verdreifachung des Preises ist nicht UEFA-Sache
Fakt ist, dass die für knapp 140.000 Dollar gekauften TV-Rechte an der Champions League, dem UEFA-Cup und dem UEFA-Supercup für fast 440.000 Dollar von Jinkis/Jinkis an die ecuardorianische Teleamazonas-Gruppe weiterverkauft wurden. Das belegen Verträge, die der „SZ“ vorliegen. Die UEFA weist dabei jeden Verdacht auf Unregelmäßigkeiten zurück. Cross Trading sei als „exklusiver Käufer“ von Teleamazonas aufgetreten und habe in dessen Namen das beste Angebot abgegeben.
Die weiteren Geschäfte - mit der Verdreifachung des Preises - zwischen Cross Trading und Teleamazonas seien nicht Sache der UEFA, hieß es vonseiten des europäischen Verbands. Im Fall Jinkis/Jinkis gehen die US-Ermittler jedoch davon aus, dass die beiden Sportrechtehändler FIFA-Funktionäre bestochen haben, um günstig an Fernsehrechte zu kommen, die sie dann mit erheblichem Aufschlag verkaufen konnten. Das geht aus Anklageschriften hervor. Im Fall FIFA gibt es den Verdacht der Bestechung, im Fall UEFA gibt es den - zumindest vorerst - noch nicht.

Reuters/Valentin Flauraud
Gianni Infantino war vor der FIFA-Wahl als Generalsekretär der UEFA tätig
Warum unter Wert? Wer trägt die Verantwortung?
Fragen wirft das Vorgehen der UEFA aber allemal auf. Eine wäre: Warum verkaufte der Verband die TV-Rechte offenbar deutlich unter Wert? Die UEFA gab an, in den Jahren von 2006 bis 2009 TV-Rechte für fast zwei Milliarden Dollar verkauft zu haben - der Anteil der Rechte an Ecuardor falle kaum ins Gewicht. Für Insider der Sportrechteszene sind Margen wie in diesem Fall von 1:3 oder 1:4,5 jedoch schwer erklärbar und sehr verdächtig.
Der Ex-Sportvermarkter Dominik Schmid hat dazu eine klare Meinung: Wenn in derartigen Verträgen mit einem Vermittler nicht vereinbart sei, eventuelle Gewinne zu teilen, und der Vermittler das Dreifache heraushole, dann sei „entweder der Verantwortliche beim Verband so inkompetent, dass er sofort gefeuert werden müsste, oder man könnte vermuten, dass es Abreden gab“.
Infantino verteidigt sich
Damit ist man bei der Frage, wer die Verantwortung trug. Dabei landete man direkt bei Infantino. Die UEFA gab an, man habe „zu der Zeit, als die Verträge unterschrieben wurden, nicht gewusst, wer die ‚wahren Eigentümer‘ von Cross Trading waren“. Ein schwer nachvollziehbares Argument, stand doch auf dem Vertrag der Name „Hugo Jinkis“. Die Schlussfolgerung daraus: Die von Infantino geleitete UEFA-Rechtsabteilung segnete Verträge ab, ohne zu wissen, mit wem sie das Geschäft machte.
Die UEFA ergänzte am Dienstag, Infantinos Name tauche nur deshalb auf, weil er als einer von mehreren UEFA-Direktoren ermächtigt gewesen sei, Verträge zu unterzeichnen. Infantino selbst betonte in einer Erklärung, er habe nie persönliche Kontakte mit Cross Trading oder deren Besitzern gehabt. Der Verkauf der Rechte sei durch die Marketingagentur Team durchgeführt worden. Darüber hinaus gebe es keine Anhaltspunkte für Fehlverhalten der UEFA oder seiner Person.
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