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Favoriten treffen vorzeitig aufeinander

Die Ausrutscher von England und Spanien bringen bei der EM einige Favoriten in die Bredouille. Auch Weltmeister Deutschland, Gastgeber Frankreich und Italien droht auf dem Weg zum erhofften Finale trotz souverän absolvierter Gruppenphase ein schwerer Weg. Alle Topteams befinden sich in einer Hälfte des Finalphasen-Tableaus. Italienische Medien beklagen deshalb den Umstand, dass ihr Team trotz des Gruppensieges bestraft wird.

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Die bei dem erstmals mit 24 Teams absolvierten Turnier zahlreich versammelte „B-Prominenz“ des europäischen Fußballs um Wales, Polen, Kroatien und die Schweiz geht den anderen Weg Richtung Endspiel am 10. Juli im Stade de France von Saint-Denis.

20 WM- und EM-Titel gegen null

Eindrücklich belegt wird das Missverhältnis, das von Englands und Spaniens Abschneiden als Gruppenzweiten verschuldet wurde, durch den Blick auf die Turniermeriten aller Teams. 20 WM- und EM-Titel holten die Mannschaften in der prominenten K.-o.-Hälfte. In der anderen Hälfte sind es null.

Der viel gescholtene EM-Modus hat mit der pikanten Lage nichts zu tun. Die Erfolge der vermeintlichen Außenseiter belegen vielmehr, dass sie sich die EM-Teilnahme verdient haben. Wales und Ungarn gewannen ihre Gruppen und könnten nun im Viertelfinale gegeneinander spielen.

Italien vor Mammutaufgabe

Mit großer Sorge blickt die „Squadra Azzurra“ schon auf den Beginn der K.-o.-Runde. Italiens Sportzeitung „Gazzetta dello Sport“ titelte am Mittwoch: „Mamma, La Spagna!“ Italien muss im Achtelfinale gegen Titelverteidiger Spanien antreten - obwohl man sich als erstes Team als Gruppensieger für die nächste Runde qualifizierte. Das französische Fachmagazin „France Football“ prophezeite dem EM-Gastgeber: „Ein machbares Achtelfinale, danach die Hölle.“

„Absurd: Die besten Mannschaften sind alle auf einer Seite“, schreibt die „Gazzetta“. „Wenn wir Spanien schlagen, wartet im Viertelfinale wahrscheinlich Deutschland. Erst der Europameister, dann der Weltmeister, wir sind Gruppenerster und werden bestraft“, beschwerte sich auch der „Corriere dello Sport“.

Nur Löw freut die Spannung

Angesichts der anstehenden Kraftproben freut sich zumindest Joachim Löw: „Das sind für mich die tollen Spiele. Da geht es wirklich um viel, die Spannung ist da“, sagte der deutsche Bundestrainer.

DFB-Trainer Joachim Löw

APA/AFP/Christoph Stache

DFB-Bundestrainer Joachim Löw sieht der Finalphase tiefenentspannt entgegen

Die Sorgen sind dagegen auch beim Gastgeber groß. Im Achtelfinale trifft die „Equipe Tricolore“ mit Irland zwar noch auf einen vergleichsweise schwächeren Gegner, doch in Frankreich beschäftigt man sich schon mit dem möglichen Viertelfinale gegen England. Und schließlich könne das Team im Halbfinale ja dann auf Italien, Deutschland oder Spanien treffen, schrieb „France Football“. „Wir sind noch sehr, sehr weit weg, von einem Finale am 10. Juli im Stade de France zu sprechen.“

Chance für die Außenseiter

Einen deutlich entspannteren Weg könnten dagegen die bisher so überzeugenden Waliser haben. Im Achtelfinale im Pariser Prinzenpark treffen Gareth Bale und seine Kollegen auf Nordirland. Auch im Viertelfinale wartet mit Ungarn oder Belgien keine absolute Übermannschaft. „Wen auch immer wir kriegen, wir werden uns gut darauf vorbereiten. Wir sind da nicht wählerisch“, sagte Kapitän Ashley Williams.

Dass die Waliser bisher so gut spielen, passt vor allem dem großen Nachbarn nicht. Auch England debattiert jetzt schon über ein mögliches Viertelfinale gegen Frankreich, dass man sich mit einem Sieg gegen den deutschen Achtelfinal-Gegner Slowakei hätte ersparen können. „Wenn wir gegen sie spielen, wird es interessant“, meinte Englands Coach Roy Hodgson.

Portugal ohne Sieg im Achtelfinale

Wie sehr die Finalphase den Erfolgsweg eines Überraschungsteams begünstigt, wird auch am Beispiel Kroatiens deutlich. Die Mannschaft von Trainer Ante Cacic zählt spätestens nach dem 2:1 gegen Spanien am Dienstag zu den Geheimfavoriten. Im Achtelfinale treffen die Kroaten nun auf Portugal.

Den Portugiesen reichten drei Unentschieden zum Aufstieg als einer der vier besten Gruppendritten. In dieser Wertung setzte sich die Slowakei vor Irland (beide vier Punkte), Portugal und Nordirland durch. Die Türkei und Albanien blieben mit ebenfalls drei Zählern, aber einer negativen Tordifferenz auf der Strecke.

Teams in unterer Tableau-Hälfte: Deutschland (viermal Weltmeister, dreimal Europameister), Italien (viermal WM, einmal EM), Spanien (einmal WM, dreimal EM), Frankreich (einmal WM, zweimal EM), England (einmal WM), Slowakei, Irland, Island

Teams in oberer Tableau-Hälfte: Schweiz, Polen, Wales, Nordirland, Kroatien, Portugal, Ungarn, Belgien

Spielplan EM-Finalphase

Achtelfinale:
25.06. Schweiz Polen 1:1 n.V. 4:5 i.E. Bericht Saint-Etienne
25.06. Wales Nordirland 1:0 Bericht Paris
25.06. Kroatien Portugal 0:1 n.V. Bericht Lens
26.06. Frankreich Irland 2:1 Bericht Lyon
26.06. Deutschland Slowakei 3:0 Bericht Lille
26.06. Ungarn Belgien 0:4 Bericht Toulouse
27.06. Italien Spanien 2:0 Bericht Saint-Denis
27.06. England Island 1:2 Bericht Nizza
Viertelfinale:
30.06. Polen Portugal 1:1 n.V. 3:5 i.E. Bericht Marseille
01.07. Wales Belgien 3:1 Bericht Lille
02.07. Deutschland Italien 1:1 n.V. 6:5 i.E. Bericht Bordeaux
03.07. Frankreich Island 5:2 Bericht Saint-Denis
Semifinale:
06.07. Portugal Wales 2:0 Bericht Lyon
07.07. Deutschland Frankreich 0:2 Bericht Marseille
Finale:
10.07. Portugal Frankreich 1:0 n.V. Bericht Saint-Denis

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