Themenüberblick

Verletzungsdrama vergessen

Cristiano Ronaldo hat den großen Silberpokal gar nicht mehr hergeben wollen. Immer wieder küsste er die Trophäe und posierte stolz für die Fotografen. Kurz balancierte Portugals Superstar den „Coupe Henri Delaunay“ sogar auf dem Kopf. Der 31-Jährige freute sich über den Gewinn des ersehnten EM-Titels wie ein kleines Kind. Immer wieder schüttelte er fassungslos den Kopf.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

„Ich bin sehr glücklich. Das ist einer der schönsten Momente meiner Karriere“, sagte Ronaldo am Sonntagabend nach dem 1:0-Sieg im EM-Finale gegen Frankreich. Fast schon vergessen waren die schlimmen Szenen aus den Anfangsminuten der Partie, als er sich nach einer harten Attacke von Dimitri Payet am Knie verletzt hatte und schließlich unter Tränen mit einer Trage vom Platz gebracht werden musste.

Ronaldo wird verletzt vom Feld getragen

APA/AP/Michael Sohn

Nach der Verletzung schien Ronaldos Traum bereits geplatzt zu sein

„Pech, weil ich mich verletzt habe“

„Ich hatte Pech, weil ich mich verletzt habe“, sagte Ronaldo. „Aber ich wusste, dass diese Spieler zusammen mit unserer Strategie stark genug sein werden, um Frankreich zu schlagen.“ Eine offizielle Diagnose zur Schwere seiner Verletzung gab es vorerst nicht. Die gewöhnlich gut informierte spanische Zeitung „Marca“ berichtete von einer Innenbandzerrung, womit der Angreifer von Real Madrid in einigen Wochen wieder fit sein dürfte.

Während der Superstar selbst kein einziges negatives Wort über „Übeltäter“ Payet verlor, meldete sich Ronaldos Mutter Dolores Aveiro zu Wort und wandte sich via Kurznachrichtendienst Twitter an den 29-jährigen Legionär in Diensten von West Ham United. „Ich kann meinen Sohn nicht so sehen“, schrieb die 61-Jährige. „Das Ziel des Spiels ist es, den Ball zu treffen und nicht den Gegner zu verletzen.“

„CR7“ humpelt zur Siegerehrung

Mit einer Manschette um das Knie war der Kapitän zur Siegerehrung gehumpelt. Noch während der Partie war er an die Seitenlinie zurückgekehrt und feuerte seine Mannschaft im Stile eines Trainers immer wieder an. „Er war sehr wichtig für uns, in der Kabine und auf dem Platz“, lobte Trainer Fernando Santos. „Er hat immer daran geglaubt, dass heute die Nacht der Nächte, unsere Nacht, war.“

Den entscheidenden Mann zu verlieren, sei schwer gewesen, berichtete Portugals Abwehrchef Pepe. „Aber wir haben uns geschworen, für ihn zu gewinnen. Und wir haben es geschafft.“ Der eingewechselte Eder erlöste den auf der Bank leidenden Kapitän in der 109. Minute. Und Ronaldo hatte auch daran seinen Anteil. „Cristiano hat mir gesagt, dass ich das entscheidende Tor schießen werde“, erklärte der Matchwinner. „Er hat mir Stärke und positive Energie gegeben.“

Ausgerechnet Ronaldo, dem Kritiker immer wieder ein zu großes Ego vorwerfen, war in der entscheidenden Phase als Motivator zur Stelle. „Er hat einen fantastischen Teamspirit gezeigt“, sagte Teamchef Santos lobend. Zweimal habe es der Superstar versucht, trotz seiner Verletzung aufs Feld zurückzukehren. „Und er hat mich die ganze Zeit über unterstützt.“

EM-Finale: Portugal ist Europameister

Portugal hat in der Verlängerung den 1:0-Sieg fixiert und damit Geschichte geschrieben. Es ist der erste große Titel für die Portugiesen. Vor zwölf Jahren haben sie das Finale gegen die Griechen verloren.

„Habe Gott um weitere Chance gebeten“

Als Lohn gab es den ersten großen Titel für Portugal. Zwölf Jahre nach dem bitteren 0:1 im Finale der Heim-EM gegen Griechenland nutzte die „Selecao“ ihre zweite Chance in einem Endspiel. Ronaldo war damals die Entdeckung gewesen. Als 19-jähriger Flügelspieler weinte er bittere Tränen. Ob er jemals wieder so eine Gelegenheit erhalten würde, wusste er nicht. Im Stade de France waren es nach dem Drama samt Verletzung am Ende Freudentränen.

Cristiano Ronaldo mit dem CL-Pokal

APA/AFP/Gerard Julien

Auf Clubebene hatte „CR7“ mit Real und ManUnited bereits alles abgeräumt

„Ich habe so lange darauf gewartet, seit 2004. Ich habe Gott um eine weitere Chance gebeten, weil ich glaube, dass die Portugiesen das verdienen“, meinte Ronaldo. Der dreifache Weltfußballer hat mit seinen Clubs Manchester United (bis 2009) und Real Madrid alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Der erste große Titel mit dem Nationalteam ist die Krönung - eine, die seinem ewigen Widersacher Lionel Messi vom FC Barcelona bisher verwehrt geblieben ist.

Um exakt 23.48 Uhr durfte Ronaldo, der lädierte Kapitän, endlich den Pokal in den Nachthimmel von St. Denis stemmen. „Portugal hat das verdient, das waren so viele Jahre voller Opfer. Es ist einer der glücklichsten Tage meines Lebens“, betonte der Ausnahmekönner. „Ich wollte unbedingt einen Titel mit Portugal gewinnen, und es hat endlich geklappt. Diesen Triumph werde ich nie vergessen.“

Ronaldo in Zahlen

  • 4 - Ronaldo traf als einziger Spieler bei vier EM-Endrunden
  • 9 - die meisten Tore bei EM-Endrunden (gleichauf mit dem Franzosen Michel Platini)
  • 17 - die meisten Tore in einer Champions-League-Saison (2013/14)
  • 21 - die meisten Einsätze bei EM-Endrunden
  • 29 - die meisten Tore bei EM-Endrunden und in der EM-Qualifikation zusammen
  • 61 - die meisten Tore für Portugal
  • 93 - die meisten Tore in der Champions League
  • 96 - die meisten Tore in UEFA-Clubwettbewerben
  • 131 - die meisten Tore in allen UEFA-Wettbewerben (Club und Nationalteam)
  • 133 - die meisten Einsätze für Portugal
  • 364 - die meisten Tore für Real Madrid

Steckbrief:

  • Voller Name: Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro
  • Geboren am 5. Februar 1985 in Funchal (Portugal)
  • Größe: 1,85 m
  • Gewicht: 80 kg
  • Familienstand: ledig, Sohn Cristiano Ronaldo junior (6 Jahre)
  • Verein: Real Madrid (seit Juni 2009, Vertrag bis 30. Juni 2018)
  • Bisherige Vereine: Sporting Lissabon (1997 bis 2003), Manchester United (2003 bis 2009)
  • Marktwert (laut transfermarkt.at): 110 Mio.
  • Länderspiele: 133 (61 Tore)
  • Gesamtbilanz in Clubpflichtspielen und Länderspielen: 548 Tore in 804 Spielen

Bisherige Erfolge:

  • Europameister 2016, Vizeeuropameister 2004
  • WM-Vierter 2006
  • Champions-League-Sieger 2008, 2014, 2016
  • Clubweltmeister 2008, 2014
  • englischer Meister 2007, 2008, 2009
  • englischer FA-Cup-Sieger 2004
  • englischer Liga-Cup-Sieger 2006, 2009
  • spanischer Meister 2012
  • spanischer Cup-Sieger 2011, 2014

Auszeichnungen:

  • Weltfußballer 2008, 2013, 2014
  • englischer Torschützenkönig 2008
  • spanischer Torschützenkönig 2011, 2014, 2015
  • Champions-League-Torschützenkönig 2008, 2013, 2014, 2015, 2016 (mit insgesamt 93 Treffern Rekordhalter)
  • Goldener Schuh für Europas besten Torjäger 2008, 2011, 2014, 2015

Links: