Sturm mit Chancenplus und nötigem Glück
Statt eines erhofften Trainereffekts ist Rapid Wien unter Neo-Coach Damir Canadi weiter im Sinkflug. Nach der unglücklichen, aber auch nicht unverdienten 1:2-Pleite gegen Puntigamer Sturm Graz am Sonntag sind die Europacup-Plätze in noch weitere Ferne gerückt. „Die Mannschaft hat alles probiert, es reicht aber momentan nicht“, sagte Canadi nach seiner dritten Niederlage im dritten Pflichtspiel.
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Die Steirer durften hingegen aus mehreren Gründen jubeln. Dank der „Big Points“ im Allianz Stadion blieb die Elf von Coach Franco Foda in der tipico-Bundesliga auf Herbstmeisterkurs, der Vorsprung auf Rapid, das nach zehn erfolglosen Versuchen wieder einmal besiegt wurde, wuchs auf 13 Punkte an. Sturm hatte vor 26.200 Zuschauern, darunter 3.000 Graz-Anhänger, ein Chancenplus, aber in den entscheidenden Momenten auch das nötige Glück.
Sturm verteidigt Tabellenführung bei Rapid
Im Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga erobert Sturm Graz bei Rapid die Tabellenführung zurück. Die Steirer feiern erstmals seit zehn Spielen wieder einen Sieg bei den Wienern.
Nach einem Traumfreistoßtor des laut Sturm-Kapitän Christian Schulz mit einem „guten linken Huf“ ausgestatteten Charalampos Lykogiannis (10.) brachte ein von Maximilian Hofmann mit dem Knie unhaltbar abgefälschter Schmerböck-Schuss (81.) die Entscheidung. „Das war passend zu unserer Situation. Was wir zuletzt für Tore gekriegt haben, ist ein Wahnsinn“, sagte Rapid-Goalie Richard Strebinger, für den die Grazer „einen Tick wacher im Kopf“ waren.
Canadi setzte 23 Spieler in drei Matches ein
Den 23-Jährigen traf keine Schuld. Deutlich wurde, dass die Wiener das neue System noch nicht verinnerlicht haben. Wenig verwunderlich, da sie erst zum zweiten Mal mit Dreierkette agierten und in den jüngsten drei Spielen gleich 23 Spieler eingesetzt wurden. Nur Louis Schaub, Thomas Schrammel, Srdjan Grahovac und Giorgi Kvilitaia durften in jeder Partie Minuten sammeln. „Wir brauchen jeden Spieler, weil wir die Mannschaft nicht bei 100 Prozent haben, wie wir sie gerne haben möchten“, sagte Canadi.

GEPA/Christian Ort
Schaub (im Bild hinten) kam unter Canadi in jedem Spiel zum Einsatz
Er verhalf dem 22-jährigen Osarenren Okungbowa zum Profidebüt, zur Pause war das Experiment beendet. „Es war nicht ganz optimal, ich denke aber trotzdem, dass er ein sehr guter Spieler ist“, sagte Rapids Coach. Seine Elf hatte in puncto Ballbesitz, Zweikampf- und auch Passquote die Nase knapp vorne. „Wir lassen kaum mehr Situationen zu, die Tore sind aus einer Standardsituation ins Kreuzeck und einem abgefälschten Ball gefallen, das andere waren Halbsituationen“, analysierte Canadi die Defensivleistung.
Steigerungsbedarf in der Offensive
Viel größer ist der Steigerungsbedarf in der Offensive. Unter Vorgänger Mike Büskens fehlte zumeist die Effizienz, nun sind Chancen allgemein Mangelware. „Das Wichtigste ist, dass wir uns im Spiel nach vorne steigern, die hundertprozentigen Chancen fehlen zurzeit noch“, sagte der als Kapitän aufgelaufene Schaub nach dem „sicher nicht guten“ Spiel. Canadi wusste auch warum. „Wir haben unsere Situationen nicht zu Ende gespielt“, meinte der Wiener, für den Sturm reifer und mental ein Stück weiter ist.
Die Trendwende soll nun am Mittwoch bei Schlusslicht Mattersburg eingeleitet werden. Im Pappelstadion wird den fünftplatzierten Wienern aber nichts geschenkt, beide Teams stehen mit dem Rücken zur Wand. „Wir werden auch dort wieder versuchen zu punkten“, sagte Canadi. Spiele seien aktuell aufgrund der englischen Wochen Training und Entwicklung zugleich.
Foda schreibt Rapid noch nicht ab
Der am Sonntag siegreiche Sturm-Trainer Foda schreibt die Hütteldorfer noch nicht ab. „Ich glaube, dass die Meisterschaft spannend bleibt, und gehe auch davon aus, dass Rapid auf kurz oder lange wieder kommen wird“, erklärte der Deutsche. Darauf hoffen natürlich auch die Grün-Weißen. „Jeder wird alles versuchen, um oben wieder ranzurutschen. Man wird sehen, ob vorne ein Hänger kommt oder nicht“, sagte Canadi.
Sturm ist weiter fünf Tore vor den punktegleichen Altachern an der Spitze, die Wiener Austria lauert vier Spiele vor der Winterpause zwei Zähler dahinter. „Mit dem Herbstmeistertitel haben wir uns nie beschäftigt, weil es keinen Sinn macht. Wichtig ist, dass man Punkte holt“, betonte Foda. Vor allzu großer Euphorie warnte er.
Jeder kann jeden schlagen
„Vor circa vier Wochen hat es Ansagen gegeben, dass wir, wenn wir so weiterspielen, am Ende 90 Punkte haben. Ich habe aber immer betont, dass gerade eine Zehnerliga extrem gefährlich ist, weil jeder in der Lage ist, jeden zu bezwingen“, sagte Foda. Das bekam auch Sturm zu spüren, von einem Achtpunktevorsprung nach der elften Runde auf Altach ist nichts mehr übrig. Vor dem Rapid-Spiel hatte es vier Partien ohne Sieg gegeben.
„Es gibt kleine Hänger, da musst du einfach durch, deine Idee beibehalten, daran glauben, das haben wir getan, und dafür wurden wir jetzt belohnt“, analysierte Foda, der mit der taktischen Leistung sehr zufrieden war, im Umschaltspiel aber noch Verbesserungspotenzial ortete. Seit der fünften Runde ist sein Team ganz vorne, am Mittwoch wartet das Heimspiel gegen Admira Wacker Mödling. „Wir wollen den Schwung mitnehmen“, sagte Sturm-Kapitän Schulz.
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