„Trauriger Tag für den Fußball“
Die meisten der insgesamt 71 Todesopfer des Flugzeugabsturzes am Montagabend (Ortszeit) in Kolumbien waren Mitglieder des brasilianischen Fußballclubs AF Chapecoense. Die Mannschaft befand sich auf der Anreise zum Finalhinspiel der Copa Sudamericana gegen Atletico Nacional Medellin. Der Präsident des Weltfußballverbands (FIFA), Gianni Infantino, sprach von „einem sehr traurigen Tag für den Fußball“.
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Der Traum einer ganzen brasilianischen Kleinstadt zerschellte in den Hügeln des Hinterlandes von Kolumbiens Metropole Medellin. Beim Absturz von Flug 2933 der bolivianischen Gesellschaft LaMia Airlines saßen 48 Mitglieder der Associacao Chapecoense de Futebol im Flieger. Erst vor zwei Wochen war das argentinische Nationalteam mit derselben Maschine geflogen - mit an Bord war damals auch Weltfußballer Lionel Messi vom FC Barcelona.

Grafik: ORF.at
Gegen den prominenten Großclub Atletico Nacional Medellin war Chapecoense im südamerikanischen Pendant zur UEFA Europa League zwar klarer Außenseiter. Doch der mit Abstand größte Triumph des erst 43 Jahre alten Vereins lag trotzdem zum Greifen nahe. Und vor allem: Die erstmalige Teilnahme am Endspiel eines bedeutenden internationalen Bewerbs war in Chapeco das große Thema.
Nur drei Spieler überlebten Absturz
Nun findet das Spiel nicht statt - und der Club wird aufgrund tragischer Umstände und nicht wegen sportlicher Erfolge weltberühmt. Nur drei Spieler überlebten den Absturz: Ersatztorhüter Jackson Follmann (24 Jahre) sowie die Verteidiger Alan Ruschel (27) und Neto (31). Tormann Marcos Danilo Padilha, der zunächst schwer verletzt geborgen worden war, erlag auf dem Weg ins Spital seinen Verletzungen. Unter den weiteren Todesopfern waren 20 brasilianische Sportreporter.

APA/AFP/Nelson Almeida
Chapecoense-Tormann Danilo erlag im Spital seinen Verletzungen
Neun Spieler waren nicht zum Finale mitgereist. Unter ihnen war der Argentinier Alejandro Martinuccio, und zwar wegen einer Verletzung. Sein Sohn sei ursprünglich sehr traurig gewesen, dass er nicht nach Medellin reisen konnte, berichtete sein Vater Ruben Martinuccio am Dienstag in Buenos Aires. Nun zählt der 28-Jährige dank seiner Blessur zu den wenigen überlebenden Profis des Clubs.
Finalgegner möchte Chapecoense Titel überlassen
Die nun abgesagten Endspiele gegen Atletico Nacional sollten zum Höhepunkt in der Vereinsgeschichte werden. Die Copa Sudamericana ist nach der Copa Libertadores der zweitwichtigste südamerikanische Vereinswettbewerb - sie sind die Pendants zu Europas UEFA Europa League und UEFA Champions League.
Atletico stellte beim südamerikanischen Fußballverband (CONMEBOL) den Antrag, Chapecoense die Trophäe zu überreichen. Dies als Zeichen der Ehrerweisung und als posthume Hommage an die Opfer des schrecklichen Unglücks, wie es in einer Mitteilung des kolumbianischen Clubs heißt: „Was uns betrifft, wird Chapecoense für immer der Sieger der Copa Sudamericana 2016 sein.“
Clubs wollen Sonderrechte für Chapecoense in Liga
In der brasilianischen Liga wollen führende Clubs Sonderrechte für Chapecoense durchsetzen. Mehrere Traditionsvereine wie Corinthians, Meister Palmeiras und der frühere Pele-Club Santos starteten eine Initiative, die das kostenlose Leihen von Spielern in der Saison 2017 vorsieht, zudem soll der Club drei Jahre lang nicht absteigen.
Am Sonntag stünde der 38. und letzte Spieltag der Liga an - dieser soll auf den 11. Dezember verlegt werden, Palmeiras steht vorzeitig als Meister fest. Wie es mit Chapecoense weitergehen soll, ist völlig unklar. Unter den 75 Toten bei dem Absturz in der Nähe von Medellin waren 19 der mitgereisten 22 Spieler.
Schock nach Flugzeugabsturz mit Chapecoense
Der Schock nach dem Flugzeugabsturz in Kolumbien, bei dem die brasilianische Profimannschaft Chapecoense an Bord war, sitzt tief. Das Team war auf dem Weg zum Finalspiel der Copa Sudamericana.
Der ehemalige deutsche Teamspieler und frühere Chapecoense-Profi Paulo Rink hat mit großer Bestürzung auf den Flugzeugabsturz in Kolumbien reagiert. „Das ist eine Riesenkatastrophe. Ich weiß nicht, wie es jetzt mit Chapecoense weitergehen soll. Der Verein ist ja jetzt praktisch ausgelöscht, wenn so viele Spieler nicht mehr da sind“, sagte der 43-Jährige der „Rheinischen Post“ (Mittwoch-Ausgabe).
Chapecoense ein „sehr engagierter Club“
Chapecoense sei „ein kleiner, aber sehr engagierter Club, der in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet und sich seinen Platz im brasilianischen Profifußball erkämpft hat“, betonte Rink, der 1995 eine Saison lang für Chapecoense gespielt hatte und von 1998 bis 2000 insgesamt 13 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft bestritt.
Bisher war Chapecoense kaum über die brasilianischen Grenzen hinaus bekannt. Im Süden des Landes beheimatet, stand der Club im Grenzgebiet zu Uruguay und Argentinien im Schatten der beiden Großclubs aus Porto Alegre, Gremio und Internacional. Und auch die Vereine Santos, Palmeiras und FC Sao Paulo aus dem Großraum der größten südamerikanischen Stadt sind nicht weit entfernt.
Vor drei Jahren in Brasiliens Serie A aufgestiegen
Chapeco hat nur 200.000 Einwohner, hundertmal weniger als Sao Paulo. Auf die überregionale Fußballlandkarte schaffte es der ACF erst vor drei Jahren, als er erstmals in die Serie A Brasiliens aufstieg. Dort etablierte er sich als Mittelständler, ehe in diesem Jahr die Qualifikation für die Copa Sudamericana folgte und mit Siegen gegen Cuiaba (BRA), Independiente Buenos Aires (ARG), Atletico Barranquilla (COL) und San Lorenzo (ARG) das Finale erreicht wurde.
Gegründet wurde Chapecoense 1973 durch eine Fusion der Lokalvereine Atletico und Independente. Bekannte Spieler oder Trainer konnte sich der Club nie leisten. Wenn, dann wurden Spieler berühmt, als sie längst nicht mehr für Chapecoense im Einsatz standen. So wie Rink, der drei Jahre vor seinem Engagement bei Bayer Leverkusen in Chapeco spielte. Oder Romulo, der es über Hellas Verona vor zwei Jahren zu einem Vertrag bei Italiens Rekordmeister Juventus Turin schaffte. Auch in seiner Karriere war Chapecoense eine Station.
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