Themenüberblick

Follmann musste Bein amputiert werden

Nach dem Absturz einer Chartermaschine der bolivianischen Fluglinie Lamia, bei dem nur sechs von 77 Passagieren überlebt haben, behandeln die Ärzte die traumatisierten und schwer verletzten Überlebenden. Drei Spieler, ein Journalist und zwei Crewmitglieder haben das Desaster überlebt, das brasilianische Fußballteam AF Chapecoense soll neu aufgebaut werden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Maschine vom Typ British Aerospace 146 war gegen 22.15 Uhr Ortszeit wegen Problemen in der Elektrik bei Medellin gegen einen Berg gekracht. An Bord war ein Großteil der Mannschaft des Erstligisten Chapecoense, der sich innerhalb von fünf Jahren von der vierten in die höchste Spielklasse gespielt hatte und auf dem Weg zum bisher größten Match seiner Geschichte war. Chapecoense sollte das Finalhinspiel zur Copa Sudamericana gegen den kolumbianischen Rivalen Atletico National Medellin bestreiten.

Flugzeugwrack

APA/AP/Luis Benavides

Die Unglücksmaschine krachte kurz vor ihrem Ziel in einen Berg

Inzwischen gibt es auch Auskunft über den Gesundheitszustand der drei überlebenden Fußballer, sie befinden sich in einem sehr kritischen Zustand. Ersatztormann Jackson Follman, dem das rechte Bein amputiert werden musste, droht auch eine Amputation des schwer verletzten linken Beins. Helio Neto befindet sich in der Intensivstation. Neben Brüchen hat der Verteidiger ein ernstes Trauma an Schädel, Brust und Lunge erlitten.

Ruschel womöglich querschnittgelähmt

Der erste Gerettete, Alan Ruschel, hat Verletzungen an der Wirbelsäule. Er wurde operiert und könnte durch den Unfall querschnittgelähmt sein. Auch die weiteren Überlebenden - ein Journalist aus Brasilien sowie eine Flugbegleiterin und ein Pilot aus Bolivien - erlitten teils schwere Verletzungen.

Die Mannschaft von Chapecoense musste auf dem Weg zum Finalhinspiel in der Copa Sudamericana zu einem Plan B greifen, weil die brasilianische Luftfahrtbehörde einen Direktflug von Sao Paulo nach Medellin verweigert hatte. Erst ging es per Flug nach Santa Cruz in Bolivien, von dort mit einem Charterflugzeug der Gesellschaft Lamia Richtung Medellin.

Treibstoffmangel als mögliche Unglücksursache

Experten wiesen darauf hin, dass die Reichweite des Flugzeugs nur knapp für diese Distanz reiche. Dass das Flugzeug nicht explodiert sei, könne ein Indiz für Treibstoffmangel sein. Die beiden Flugschreiber konnten bereits geborgen werden und sollen genauen Aufschluss über die Ursache des Unglücks geben. Das Wrack wurde in der Nacht von Soldaten bewacht, Experten aus Bolivien und Großbritannien wurden eingeflogen.

Die überlebende Flugbegleitern berichtete von technischen Problemen kurz vor dem Unglück. Das sagte der Gouverneur des kolumbianischen Departements Antioquia, Luis Perez, dem Radiosender Caracaol. Er habe im Spital mit ihr gesprochen. „Das wenige, was sie sagen konnte, war, dass die Lichter 40, 50 Sekunden vor dem Absturz zu flackern begannen und ausgingen“, sagte Perez.

Beileidsbekundungen von Messi bis Pele

Während in Brasilien eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen wurde, herrscht weltweite Anteilnahme an der Katastrophe. Beileidsbekundungen von Lionel Messi bis Pele trudelten ein, der Bogen des Wembley-Stadions, die Christus-Statue in Rio oder auch der Präsidentenpalast in der Hauptstadt Brasilia leuchteten in den grünen Farben des Vereins Chapecoense. Der Bürgermeister der 200.000-Einwohner-Stadt Chapeco im Süden Brasiliens sagte alle offiziellen Weihnachtsfeiern ab und erklärte eine 30-tägige Trauerphase.

Trauernde Frau

APA/AP/Andre Penner

In der 200.000-Einwohner-Stadt Chapeco gibt es eine 30-tägige Trauerphase

Tausende Fans, die noch vor wenigen Tagen mit Feuerwerkskrachern und großem Jubel den Aufstieg ihres Clubs ins Endspiel gefeiert hatten, versammelten sich zunächst in einer Abendmesse und füllten die Straßen der Stadt. Danach strömten sie, in den Clubfarben Grün-Weiß, zu einer spontanen Trauerfeier in das Stadion ihres Vereins.

Trauernde Fans im Stadion

APA/AFP/Nelson Almeida

Fans kamen zu einer spontanen Trauerfeier in das Stadion ihres Vereins

„Wir sind die Champions!“, riefen sie in Trauer, als Clubvertreter und Verwandte der Verstorbenen einander im Kreis im Mittelfeld die Hände reichten. „Wir sind von einem Traum in einen Alptraum übergegangen“, meinte Metallarbeiter Fernando de Oliveira, der seine Arbeit verlassen hatte, um seine weinende Frau und seine zwei Kinder zum Zeichen der Unterstützung ins Stadion zu bringen.

Vizepräsident will Verein neu aufbauen

Der Vizepräsident des Vereins, Ivan Tozzo, will den Verein wieder aufbauen und nächstes Jahr wieder spielen lassen. „Wir werden den Club neu aufbauen müssen, neue Spieler verpflichten und viel Geduld haben müssen. Wir möchten nächstes Jahr weitermachen“, sagte Tozzo gegenüber der brasilianischen Website Globoesporte.

Schon zuvor hatte es zahlreiche Solidaritätsbekundungen und Vorschläge anderer brasilianischer Erstligateams gegeben, dem Unglücksteam Sonderrechte wie das kostenlose Ausleihen von Spielern 2017 sowie einen Nichtabstieg für drei Jahre einzuräumen. „Das ist die geringste Geste an Solidarität, die wir derzeit anbieten können, aber es kommt aus dem tiefsten Wunsch, diesen Club wiederaufzubauen“, hieß es in einem Statement der wichtigsten Vereine des Landes, darunter auch Meister Palmeiras.

Link: