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Teurer Traumausblick

Die WM 2017 in St. Moritz war für die Tausenden Fans eine Reise wert. Skisport auf höchstem Niveau und großartige Stimmung auf den Rängen in Salastrains verliehen dieser Hochpreis-WM ein ganz besonderes Flair. Zu den Verlierern im mondänen Schweizer Luxuskurort zählten wohl die Geschäftsleute in ihren sündteuren Edelboutiquen, um die von WM-Gästen ein großer Bogen gemacht worden war. Das Auge wurde in St. Moritz trotzdem reich belohnt.

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Der Adel hatte in den vergangenen zwei WM-Wochen Pause oder traf sich sonntags beim legendären White Turf auf dem St. Moritzersee. Das noble St. Moritz-Dorf war bevölkert von jungem und lautem Publikum, das im Zielstadion genauso seinen Spaß hatte wie in der Innenstadt. Getränke und Essen wurden im Supermarkt besorgt, die Kuhglocken vorsichtshalber von zu Hause mitgebracht, um Geld zu sparen. Mit kritischem Interesse wurden die Speisekarten der Lokale und die Preisschilder in den Boutiquen zwar studiert. Gekauft wurde wenig, über die Preise gelächelt.

Man gönnt sich ja sonst nichts

Das sei keine WM, das sei Abzocke, brachte es einer auf den Punkt, dem davor „Hundefutter zum Preis von Kaviar“ serviert worden war, wie er meinte. Die Qualität mag an dieser Stelle nicht infrage gestellt sein, die Preise sehr wohl. Sogar in Hotels klagte man über aus diesem Grund ausbleibende Touristen aus Österreich und Italien. St. Moritz müsse sich da was überlegen, hieß es. Pizza plus Getränk sind kaum unter 30 Euro zu ergattern. Viele Schweizer weichen nach Österreich aus.

Hubertus von Hohenlohe

ORF.at/Michael Fruhmann

Bei der WM in St. Moritz bewegte sich Prinz Hubertus auf gewohntem Terrain

Sehr wohl fühlte sich in St. Moritz Hubertus von Hohenlohe. Er war einer der ganz wenigen Menschen von adeligem Blut, die sich den WM-Trubel in St. Moritz nicht entgehen ließen. Er versuchte sich in der Exotenqualifikation für die WM, bei der er später nur im Slalom und auch nur dank der Sturzverletzung seines Mitstreiters ran durfte, der w. o. gab. Mehr Einsätze für Mexiko waren dem 58-jährigen Prinzen bei seiner 17. WM-Teilnahme nicht beschieden, große Auftritte beschränkten sich auf das kaum weniger spannende Nachtleben.

Jung, weiblich, dynamisch

Für Stimmung wurde allerorts gesorgt, besonders jung, dynamisch und weiblich gab sich der Zielbereich. Sehenswert: das Cheer- und Showdance-Team der Eurodancers, Schweizer Meisterinnen und Vizeeuropameisterinnen im Cheerdance. Sie kamen in St. Moritz auf die meisten WM-Einsätze, drei bis vier Stunden täglich tanzten die insgesamt sieben Damen abwechselnd zu sechst auf der Tribüne und heizten die Stimmung in kurzen Röcken an.

Zielbereich mit Fans in St. Moritz

APA/AP/Gian Ehrenzeller

Die Stimmung im Zielbereich glich in St. Moritz einem Volksfest

Nur hin und wieder wurden sie vom donnernden Krawall der stolzen Patrouille Suisse gestört, deren Jets in Bodennähe über den Zielraum bretterten, während die Damen - ein bunter Haufen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz - unbeeindruckt weiter lächelten. Viermal in der Woche trainieren sie drei bis vier Stunden in Zürich, wo sie alle wohnen: Gruppenchefin Flor, eine Österreicherin, Simona aus Furtwangen im Schwarzwald, die Schweiz-Mexikanerin Olivia, die halbe Laotin Nilow und Meli, die einzige waschechte Schweizerin im Team.

Traumausblick für viel Geld

Wer vom Riesentrubel am WM-Schauplatz, dem Lärm der Trommeln, Kuhglocken und Schlachtgesänge genug hatte, fand bei einer Fahrt auf den Piz Nair (3.057 m) seine Ruhe. Für rund 78 Euro ging es mit der blauen Chantarella-Bahn steil hinauf zur Corviglia (2.486 m) und von dort per Gondel direkt vorbei am Herren-Abfahrtsstart „Freier Fall“, der sich in Nahansicht noch beeindruckender gab, bei der WM aber dem Nebel zum Opfer gefallen war.

Skipiste

ORF.at/Michael Fruhmann

Den „Freien Fall“ bekamen die Fans in der Abfahrt leider nicht geboten

Hoch über St. Moritz bot der Piz Nair einen gewaltigen Ausblick in die Bergwelt des Oberengadins, die Auffahrt zahlte sich in jeder Hinsicht aus. Die hochalpine Kulisse verlieh der WM erst den würdigen Rahmen und entschädigte für den hohen Kostenaufwand.

Der malerische Ort, der von sich behauptet, den Wintertourismus erfunden zu haben, bot seinen Gästen aber auch feinsten Pulverschnee auf unendlich weiten Pisten, dazu Sonne an den meisten Tagen. Der Charme vergangener Jahrhunderte zieht noch durch manche Gassen von St. Moritz, viel ist davon halt nicht mehr übrig. Die moderne Geschäftemacherei hat das Kommando längst übernommen.

Michael Fruhmann, ORF.at aus St. Moritz

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