Zwei WM-Wochen im Rückblick
Mit dem Ende der Ski-WM in St. Moritz bietet sich die Gelegenheit, noch einmal die Höhepunkte des Großereignisses Revue passieren zu lassen. Neben der sportlichen Bilanz lohnt sich dabei auch ein Blick auf andere Aspekte der beiden WM-Wochen.
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Die Organisatoren im Kanton Graubünden hatten sich gut vorbereitet. Die Unterhaltung für die Fans im Zielstadion war gut, die Stimmung auch deshalb ausgezeichnet. Die 1.350 freiwilligen Helfer von „Voluntari Engiadina“ waren freundlich und hilfsbereit. An die 150.000 Zuschauer kamen. Das großteils Schweizer Publikum feuerte die Heimischen zwar euphorisch an, blieb aber stets fair und jubelte praktisch allen Teilnehmern zu.

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Bilderbuchwetter mit Traumkulisse
Auch das Wetter spielte fast immer mit. Obwohl ausgerechnet in der ersten Woche mit den vielen Speed-Bewerben der Schneefall und die berüchtigte „Maloja-Schlange“ lästig waren, ging das WM-Programm dank der an einem Tag ausgetragenen Abfahrten so über die Bühne, dass der Reservetag zum freien Tag wurde. Vor allem in der zweiten WM-Woche war die berühmte Sankt-Moritz-Sonne Dauergast, das Oberengadin präsentierte sich mehrheitlich mit Postkartenwetter. Sonnenschirme für die Fahrer am Start sieht man sonst nur im Motorsport.
Österreich holt sich die Medaillenwertung
Mit neun Medaillen und drei Goldenen überholte Österreich im letzten Rennen dank Marcel Hirschers Slalom-Sieg noch Gastgeber Schweiz und gewann wie zwei Jahre davor in Vail/Beaver Creek die Medaillenwertung. Neben den Weltmeistern Hirscher (RTL und Slalom) und Nicole Schmidhofer (Super-G) holten Manuel Feller (Slalom), Roland Leitinger (RTL) und Stephanie Venier (Abfahrt) Silber, über Bronze durften sich Max Franz (Abfahrt) und Michaela Kirchgasser (Kombination) freuen.
Überhaupt durfte man sich im Lager der ÖSV-Damen ganz allgemein freuen. Mit drei Medaillen in den ersten drei Rennen stellte das junge Team die Weltcup-Saison auf den Kopf und sorgte gleich einmal für beste Stimmung. Erstmals waren vom ÖSV mehr Damen (14) als Herren (13) nominiert worden, bis auf die verletzte Mirjam Puchner bekamen alle auch einen WM-Einsatz.
Doppelt hält besser
Mit Gold in Slalom und Riesentorlauf war Hirscher erster „Technik-Doppelsieger“ seit 1996 (Alberto Tomba), dazu kam für den Salzburger noch Kombi-Silber mit nur einer Hundertstelsekunde Rückstand auf Sieger Luca Ärni.
Bei den Damen holten US-Star Mikaela Shiffrin (Slalom und RTL) sowie Lokalmatadorin Wendy Holdener (Kombination und Slalom) jeweils Gold und Silber. RTL-Weltmeisterin Tessa Worley gewann durch den Sieg im Team-Bewerb mit Frankreich als einzige Frau zwei Goldmedaillen.
Mehrere schwere Stürze
Neben all den Siegesfahrten gab es freilich auch weniger schöne Momente, die oft schmerzhaft endeten. Vor allem von Läufern aus Ländern ohne große Alpinskitradition gab es zahlreiche Stürze mit teilweise schweren Verletzungen. FIS-Präsident Gian Franco Kasper kann sich deshalb für die Zukunft eine Qualifikation für WM-Abfahrten vorstellen.

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Der Hubschrauber kam leider mehrmals zum Einsatz
Erwischt hat es mit Mirjam Puchner aber auch eine Österreicherin, sie erlitt im Abfahrtstraining nach einem Sprung einen Schien- und Wadenbeinbruch. Und mit Lara Gut fiel auch der Topstar der Schweizer aus - beim Einfahren für den Kombislalom verletzte sich die Tessinerin schwer am Knie.
Team-Bewerb kein Fall für den ÖSV
Der Team-Bewerb zu Beginn der zweiten WM-Woche war ein Publikumshit, für den ÖSV wurde er aber zum Flop. Nach dem Auftaktsieg über Belgien kam im Viertelfinale das Aus gegen Schweden, für Titelverteidiger Österreich reichte es damit nur zu Rang fünf. Über Hirscher brach nach seiner Niederlage gegen den Belgier Dries van den Broecke mediale Kritik herein.
Weltmeister wurde Frankreich. Für Alexis Pinturault war das aber nur ein kleiner Trost, kam er als Favorit im Riesentorlauf doch nur auf Platz sieben und in der Kombination auf Rang zehn. Im Slalom schied er im ersten Durchgang aus.
Nur Blech für Kristoffersen
Auch für Henrik Kristoffersen wurde die WM zur Enttäuschung. Der Norweger war einer der Favoriten für den Slalom, im Weltcup hat er in dieser Saison schon fünf Siege gefeiert. Zudem zählte er im Riesentorlauf zum Kreis der Medaillenanwärter. Am Ende musste sich der 22-Jährige mit zwei vierten Plätzen zufriedengeben.

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Kristoffersen hatte gleich zweimal das Nachsehen
Tiefflieger erledigt Seilkamera
Für einen Aufreger der besonderen Art sorgte schließlich noch das PC-7-Team der Schweizer Luftwaffe. Eine der neun Maschinen flog am vergangenen Freitag zu tief über den Zielraum, touchierte das über die Rennstrecke gespannte Zugseil der Seilkamera und riss es ab.
Die Kamera schlug im leeren Zielstadion auf, das Seil wurde auf jenes der Seilbahn Salastrains geschleudert. In den Kabinen saßen auf dem Weg zur Besichtigung des zweiten RTL-Laufes die Rennläufer, unter ihnen auch der spätere Sieger Hirscher. Verletzt wurde niemand. Die Kantonspolizei übernahm die Spurensicherung, die Militärjustiz die Untersuchungen. Die Flugstaffel flog am abschließenden Wochenende keine Einsätze mehr.
Gefürchtetes Bergungeheuer
Zu einer weniger dramatischen, aber ebenfalls nicht folgenlosen Begegnung war es schon ganz zu Beginn der WM gekommen. Ausgerechnet am Tag, an dem die Herren-Abfahrt angesetzt war, kroch die Maloja-Schlange über die „Corviglia“-Piste, das Rennen musste abgesagt werden.

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Die Herren-Abfahrt musste verschoben werden
Das „Reptil“ bildet sich, wenn sich vor Maloja aufsteigende, feuchte Luft aus dem Bergell in Wolken oder Nebel verwandelt. Trotz an sich traumhaft schönem Wetter war an eine Abfahrt nicht zu denken, fast 40.000 Zuschauer pilgerten enttäuscht wieder vom Berg herunter. Die Abfahrt fand tags darauf auf verkürzter Strecke und ohne Startstück „Freier Fall“ statt. Das war ein großer Wermutstropfen der an sich toll verlaufenen und spannenden WM-Rennen.
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