Viele Hochs und viele Tiefs
Mit Olympique Marseille trifft Red Bull Salzburg am Donnerstag (19.00 Uhr) in der Europa-League-Gruppe I auf einen Verein mit ganz großer Geschichte. Der neunfache Meister ist in Frankreich der Traditionsclub schlechthin und der bisher einzige Champions-League-Sieger des Landes. Zurzeit hinkt man den schwerreichen Clubs wie Paris SG zwar hinterher, die schillernde Historie ist OM aber nicht zu nehmen.
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1899 gegründet, ist Olympique Marseille stark in der Hafenstadt verankert. Und ist mit seiner ebenso lebendigen wie gefürchteten Fanszene zugleich Sinnbild für die mit fast 900.000 Einwohnern zweitgrößte Metropole Frankreichs: geschäftig, laut, schnell und kriminell. Berüchtigt sind die Verflechtungen des Vereins mit der lokalen Politik und dem organisierten Verbrechen.

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Als bisher einziger französischer Club holte sich OM 1993 den CL-Titel
Alles andere als sauber waren auch die glorreichen Zeiten der frühen 90erJahre, als Marseille 1991 (Finalniederlage gegen Roter Stern Belgrad) und 1993 (Sieg gegen AC Milan) im Endspiel um den wichtigsten Pokal im europäischen Clubfußball stand. Damals war Marseille in Europa eine der größten Nummern und in Frankreich unter anderen dank der Tormaschine Jean-Pierre Papin das Maß aller Dinge. Zwischen 1989 und 1992 hieß der Meister viermal in Folge Marseille.
Tiefer Fall nach Meistertitel 1993
Der Erfolgsrun war untrennbar verbunden mit dem Namen von Vereinspräsident Bernard Tapie (Amtszeit 1986 bis 1994), genauso allerdings auch der zwischenzeitliche „Untergang“. 1993 schoss sich OM wie gewohnt zum Titel, es folgte jedoch der große Knall - dem früheren adidas-Besitzer und schwerreichen Tapie wurde nachgewiesen, dass er ein Spiel gegen Valenciennes gekauft hatte.
Olympique wurde der Titel aberkannt, im Weltcup gegen Sao Paulo durfte man gar nicht mehr antreten, ein Jahr später wurde der Club sogar in die zweite Liga verbannt. Tapie wanderte dafür 1997 ins Gefängnis, danach wurde der mächtige OM-Boss, der kurzzeitig auch als Städteminister unter dem sozialistischen Staatspräsidenten Francois Mitterrand agierte, noch einmal wegen Steuerhinterziehung verurteilt.

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Vereinspräsident Tapie führte Olympique nach ganz oben und ganz unten
Tapie, dessen Krebserkrankung erst diese Woche öffentlich wurde, ist längst nicht mehr für den Club relevant. Einer seiner Nachfolger, der französische Geschäftsmann Robert Louis-Dreyfus, versuchte sich mit wechselndem Glück. Mitte der 90er Jahre fast bankrott, fand der beliebteste Club des Landes unter seiner Ägide zumindest den Weg zurück ins nationale Spitzenfeld, die Ausbeute blieb mit dem UEFA-Cup-Finale 2004 und einem Meistertitel (2010) aber recht mager - dafür drehte sich das Trainerkarussell umso schneller.
US-Investor krempelt Verein um
Im Oktober 2016 übernahm Frank McCourt, US-Unternehmer und einst Besitzer der US-Baseball-Mannschaft Los Angeles Dodgers, die Anteile der Mehrheitsaktionärin und Louis-Dreyfus-Witwe Margarita. Und McCourt, der vom US-amerikanischen TV-Sender ESPN in einer Rangliste der schlechtesten Besitzer der Major League Baseball 2011 auf Platz zwei gewählt wurde, setzte sich auf nationaler und internationaler Ebene nur die höchsten Ziele. Der heuer 64-Jährige krempelte den Verein um: Jacques-Henri Eyraud wurde Präsident, Rudi Garcia neuer Trainer, und der ehemalige spanische Teamgoalie Andoni Zubizarreta übernahm das Amt des Sportdirektors.

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EM-Star Payet nährt Marseilles Hoffnung auf den Sprung nach vorne
McCourt versprach, in vier Jahren 200 Millionen Euro zu investieren. Im Winter holte man etwa Frankreichs EM-Helden Dimitri Payet. Im Vergleich zur Saison davor (13.) war mit Platz fünf ein Aufwärtstrend nicht von der Hand zu weisen. Für das erklärte Ziel McCourts, in die Champions League zurückzukehren und somit mindestens einen Top-Drei-Platz zu holen, reicht das derzeit aber noch nicht. Gegen die Top-Vier-Clubs Monaco, PSG, Nizza und Lyon schauten in der Vorsaison nur fünf von 24 möglichen Punkten heraus.
In der aktuellen Saison holte man sich gegen Titelverteidiger Monaco eine 1:6-Abfuhr. Die öffentliche Kritik am Führungsduo bleibt laut, viele fühlen sich getäuscht. „Herr Präsident, beenden Sie Ihre falschen Versprechen und zweifelhaften Erklärungen. Liefern Sie konkrete Resultate!“, war Anfang September auf einem Fanbanner im Velodrome zu lesen.
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