Auf Worte folgten Taten
Am 16. September ist Marcel Koller durch die Entscheidung des ÖFB-Präsidiums, den Vertrag mit Jahresende auslaufen zu lassen, zum Teamchef mit Ablaufdatum geworden. Ein Umstand, der dem Schweizer nicht wirklich gefallen hat. Der turbulente 3:2-Sieg in seinem letzten Qualifikationsheimspiel gegen Serbien am Freitag, bewies aber, dass Kollers Rückhalt innerhalb des Nationalteams damit noch nicht abgelaufen war.
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Einige Schlüsselspieler hatten sich bereits im Vorfeld der Partie mit klaren Aussagen und Kritik an der ÖFB-Führung hinter Koller gestellt. Auf dem Rasen ließen sie dann mit einer beherzten Leistung den Worten Taten folgen. Von Genugtuung oder Stolz wollte Koller nach der Partie aber nichts wissen. „Ich freue mich einfach, weil die Spieler das umgesetzt haben, was wir im Training eingeübt haben. Es hat Spaß gemacht, mit ihnen zu arbeiten“, erklärte der 56-Jährige.

GEPA/Patrick Leuk
Koller verabschiedete sich in Wien erhobenen Hauptes vom Heimpublikum
Koller wies aber nach dem Spiel noch einmal darauf hin, dass die Vorbereitung auf die Partie alles andere als einfach war. „In dieser Woche hat man stündlich auf eine neue Schlagzeile gewartet. Das ist keine optimale und professionelle Vorbereitung, wenn man immer auf die Situation angesprochen wird. Für die, die Leistung zeigen müssen, ist es Ablenkung“, äußerte Koller erneut Unmut über den seiner Meinung nach falschen Zeitpunkt der Entscheidung.
Sympathiebekunden für Koller
Im letzten Qualiheimspiel seiner Ära als ÖFB-Teamchef war von Anfang an eine Abschiedsstimmung zu spüren. Die Fans bedachten den Schweizer vor der Partie mit „Marcel Koller“-Sprechchören, für die er sich herzlich bedankte. Auf dem Rasen machten dann die Spieler mit dem spät errungenen ersten Sieg gegen Serbien ihrem Trainer ein passendes Geschenk zum Abschied. Nach der letzten Pressekonferenz im Ernst-Happel-Stadion gab es dann von den anwesenden Journalisten noch einmal Applaus.
Trotz aller Sympathiebekundungen hatte sich Koller emotional im Griff und analysierte die Partie gewohnt sachlich. Mit mehr Konzentration vor dem Tor hätte man sich das Spiel wesentlich leichter machen können, betonte der Noch-Teamchef. Defensiv habe man den Serben ab und zu Räume gegeben. „Wenn sie die haben, wird es extrem gefährlich. In der Pause haben wir gesagt, dass wir diese zwei Reihen eng halten. Dass jeder bis zum Ende laufen und ackern muss. Das haben wir gut umgesetzt“, lobte Koller.
Mit mehr Spielglück, „wären wir dabei“
Der Schweizer strich aber auch mehrmals heraus, dass man diesmal das Quäntchen Glück auf der Seite gehabt habe. Ein Umstand, der in dieser Quali nicht immer der Fall war. „Wenn wir öfter dieses Spielglück gehabt hätten, wären wir sicher dabei. Wales und Irland haben jetzt wieder die Möglichkeit. Ich habe schon bei der Auslosung gesagt, dass das eine sehr enge Gruppe wird. Das hat sich bestätigt. Wir haben Niederlagen bekommen, die nicht notwendig gewesen wären“, haderte Koller ein wenig mit der Vergangenheit.
„Wir haben Fehler gemacht und zu wenige Tore geschossen. Das ist nichts Neues. Wenn man einen Lauf hat, geht es von alleine. Dann kann man das Glück auch auf seine Seite ziehen. Heute ist uns das gelungen. In dem ein oder anderen Spiel nicht, darum sind wir nicht dabei“, ließ der Schweizer die WM-Quali, die sein Team definitiv auf dem vierten Platz in Gruppe D abschließen wird, Revue passieren.
Lob für die jungen Spieler
Aufgrund der zahlreichen Ausfälle von Stammspielern war Koller gezwungen, auf junge Spieler zu setzen. Gleichzeitig änderte er auch das System auf eine 4-4-2-Formation. Die offensivere Ausrichtung führte zu einem Torschussverhältnis von 21:8 für das ÖFB-Team. „Ich denke aber, dass wir heute ein sehr gutes Spiel gezeigt haben. Die Mannschaft hat gut harmoniert. Wir haben das umgesetzt, was wir eingeübt haben. Glückwunsch an das Team“, erklärte Koller.
Auch für die jungen Spieler hatte der Schweizer Lob übrig. „Sie haben Qualität und diese in die Waagschale geworfen. Es hat Spaß gemacht, ihnen zuzuschauen“, sagte Koller, der in Aussicht stellte, dass weitere Youngsters beim abschließenden Spiel am Montag in Chisinau gegen Moldawien (20.45 Uhr, live in ORF eins) eine Chance bekommen könnten. „Vielleicht ist es für den ein oder anderen die Möglichkeit, sich zu zeigen“, blieb Koller vage.
Koller steht zu seinem Weg
Festlegen wollte sich der Schweizer auch nicht bei der Frage, ob er nicht vielleicht zu einem früheren Zeitpunkt in der WM-Qualifikation bei der Startelf Änderungen hätte vornehmen müssen. „Im Nachhinein macht man sich immer Gedanken. Man weiß aber nicht, ob das dann gut ausgegangen wäre. Neue Spieler sind am Anfang vielleicht nervös. Es braucht eine gewisse Zeit. Erst dann kann man beurteilen, ob diese Spieler auch vor 40.000 Zuschauern funktionieren“, erklärte Koller.
Als Beispiel dafür nannte er Florian Kainz. „Für mich war es frappant, wie er sich von der Persönlichkeit her entwickelt hat. Vorher war er ruhig und zurückhaltend. Jetzt ist er ein Mann geworden und hat Persönlichkeit. Das strahlt er aus und zeigt es in jedem Training. Das sind die Unterschiede. Man kann die Spieler gleich reinschmeißen oder ein bisschen warten. Diese Beurteilung überlasse ich anderen. Das ist eine Erfahrung, die ich beim Nationalteam gemacht habe. Es ist aber alles Spekulation. Ich bin diesen Weg gegangen und werde auch in Zukunft diesen Weg gehen“, stellte Koller klar.
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