Märchensommer für ÖFB-Frauen
An den Sommer 2017 wird man sich im heimischen Fußball noch lange erinnern. Mit dem Semifinal-Einzug bei der EM in den Niederlanden schrieben die österreichischen Fußballerinnen ein Stück Sportgeschichte. Die EM-Debütantinnen mauserten sich vom krassen Außenseiter zur Sensation des Turniers. Doch der Erfolg von Viktoria Schnaderbeck und Co. war kein Zufallsprodukt.
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„Es bleibt ein Resümee, das einfach überwältigend ist, weil niemand Österreich das zugetraut hat“, sagte der Präsident des Österreichischen Fußballverbandes (ÖFB), Leo Windtner, nachdem die Österreicherinnen erst im Semifinale gegen Dänemark im Elfmeterschießen den Kürzeren gezogen hatten. Nicht nur beeindruckende TV-Einschaltquoten wurden erreicht, die Spielerinnen wurden bei der Sportlerwahl 2017 auch zur Mannschaft des Jahres gekürt.

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Autogramme der Österreicherinnen waren heiß begehrt
Die richtige Vorbereitung
Der Erfolg und die daraus resultierende Euphorie im Land - sogar bei „Fans“, die Frauen-Fußball im Vorfeld nur milde belächelten - waren das Resultat einer perfekten Vorbereitung auf das Turnier. Teamchef Dominik Thalhammer und sein Trainerteam überließen nichts dem Zufall, damit der erste Auftritt bei einer Europameisterschaft zu einem wird, über den man in Zukunft sprechen würde. Schon vor dem Start in das Länderspieljahr hatte Thalhammer klargemacht, worauf der Fokus in der EM-Vorbereitung liegen sollte: „Nummer eins Fitness, Nummer zwei Fitness, Nummer drei Fitness.“

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Dominik Thalhammer fand für die erste EM-Endrunde das passende Konzept
Die perfekte Flexibilität
Die große Stärke des ÖFB-Teams in den Niederlanden war dann die taktische Flexibilität. Etwas, was die Beobachter vor einem Jahr bei den Männern schmerzlich vermissten. Der Wechsel zwischen den Systemen funktionierte bei der EM bestens. In der Gruppenphase bissen sich die Favoritinnen aus der Schweiz und Frankreich am 5-4-1-Defensivkonzept der Österreicherinnen die Zähne aus.
Die Isländerinnen hatten einer offensiveren 4-4-2-Taktik nichts entgegenzusetzen. „Wir haben die Automatismen so drinnen, dass wir gut switchen können“, sagte Rechtsverteidigerin Katharina Schiechtl schon während des Turniers.

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Sarah Puntigam (l.) und Co. zogen die Vorgaben konsequent in jedem Spiel durch
Einsatz bis zum Umfallen
Mit Einsatz und Kampfgeist überzeugten die Österreicherinnen, die auch beim Feiern ganz groß dabei waren, auch die letzten Kritiker von ihrem Potenzial. Die ÖFB-Spielerinnen setzten ihre Gegnerinnen mit kraftraubendem Pressing früh unter Druck und ließen selbst gegen vermeintlich übermächtige Gegner wie Frankreich keinen Spielfluss zu. Auch die Spanierinnen konnten im Viertelfinale im Elfmeterschießen bezwungen werden.
Dem aufopfernden Kampf zollten die Österreicherinnen jedoch am Ende auch den entscheidenden Tribut. Gegen Dänemark ging den Spielerinnen etwas die Kraft aus, nachdem sie zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage über 120 Minuten alles gegeben hatten. Im Elfmeterschießen war eine gewisse geistige Müdigkeit nicht zu übersehen. Die konnte auch Torfrau Manuela Zinsberger, die Österreich mit ihren Paraden vor so manchem Gegentor bewahrte, nicht mehr kompensieren.
Außergewöhnlicher Teamspirit
„Sie haben gekämpft wie die Löwinnen“, war ÖFB-Präsident Windtner dennoch mehr als zufrieden. Für Kapitänin Schnaderbeck war der Mannschaftsgeist der Treibstoff des Teams: „Es war ein Teamspirit, den ich so noch nie erlebt habe.“
Und obwohl das Jahr 2017 für Österreichs Frauen-Nationalteam das mit Abstand beste Jahr in der Geschichte gewesen war, bleibt ein kleiner Wermutstropfen. Denn die WM-Qualifikation verlief bisher nicht ganz nach Wunsch. Nach dem 4:0-Auftaktsieg gegen Spanien und einem 2:0-Erfolg gegen Israel revanchierten sich die Spanierinnen mit einem 4:0 für das Ausscheiden bei der EM und warfen Rekordtorschützin Nina Burger und Co. im Kampf um ein Fixticket für die WM-Endrunde 2019 in Frankreich weit zurück.
Dennoch geben sich die ÖFB-Spielerinnen - wie gewohnt - optimistisch. „Für mich war noch gar nichts vorentscheidend. Nach dem letzten Spiel kann man sagen, wie es ausgegangen ist“, gab Torfrau Manuela Zinsberger die Richtung für 2018 vor.
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