Doppelvergabe als Premiere
Der Weltfußballverband (FIFA) hat am Donnerstag in Zürich die Veranstalter der beiden WM-Endrunden 2018 und 2022 bekanntgegeben. In acht Jahren werden die Titelkämpfe in Russland stattfinden. 2022 hat sich Katar als Austragungsort durchgesetzt. „Wir betreten Neuland. Deswegen bin ich ein glücklicher Präsident, wenn wir über den Fortschritt im Fußball reden“, schwärmte FIFA-Chef Joseph Blatter.
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Russland ließ dabei England sowie die gemeinsamen Bewerbungen von Spanien und Portugal sowie von den Niederlanden und Belgien hinter sich. Mit den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi findet vier Jahre zuvor ein weiteres sportliches Großereignis in Russland statt. „Lasst uns zusammen Geschichte schreiben“, erklärte Russlands Vizeregierungschef Igor Schuwalow. Premier Wladimir Putin stieg unmittelbar nach der Vergabe ins Flugzeug, um höchstpersönlich in Zürich zu feiern.

AP/PA, Anthony Devlin
Russlands Delegation in Zürich ist auch ohne Putin aus dem Häuschen.
Katar erhielt den Vorzug vor den Bewerbungen aus den USA, Australien, Japan und Südkorea. Mit seiner Kandidatur um die Olympischen Spiele 2016 war der Wüstenstaat noch in der Vorausscheidung gescheitert. „Danke, dass Sie an uns glauben, an den Wandel glauben“, sagte Bewerbungschef Scheich Mohammed bin Chalifa Al-Thani und kündigte an: „Wir werden Sie nicht enttäuschen. Wir sind bereit, Sie werden stolz sein - das verspreche ich Ihnen.“

AP/Anja Niedringhaus
Al-Thani stehen noch viel Arbeit und hohe Kosten bevor.
Viel Arbeit für die Ausrichter
Beide Ausrichter müssen allerdings in den kommenden Jahren noch riesige Herausforderungen angehen. Die großen Distanzen zwischen den geplanten 13 Spielorten in Russland gelten als Problem, zumal die Flug- und Zugverbindungen schlecht sind. Von den geplanten 16 Spielstätten müssen 13 neu gebaut oder komplett umgebaut werden. Die veranschlagten Gesamtkosten liegen bei 3,8 Milliarden Dollar.
Russland hatte der FIFA im Falle des Zuschlags für die WM 2018 satte Millionengewinne in Aussicht gestellt. Sportminister Witali Mutko erklärte, dass aus der Wirtschaft über eine Milliarde Dollar in das Sponsoring der Olympischen Spiele 2014 in Sotschi investiert worden seien. Da der Fußball in Russland die Sportart Nummer eins sei, könne man im Falle der WM-Vergabe in das Riesenreich mit noch höheren Zuwendungen rechnen.
Geld spielt für die Scheichs in Katar keine Rolle. Von den sieben Spielorten in dem kleinen Land am Persischen Golf liegen fünf im Umkreis von 25 Kilometern - es wird damit eine WM der kurzen Wege. Geplant sind zwölf Spielstätten, die Kosten werden mit 3,0 Milliarden Dollar veranschlagt. Das Hitzeproblem wollen die WM-Macher lösen, indem sie die befürchteten Temperaturen von bis zu 50 Grad herunterkühlen.
Lobbying bis zur letzten Sekunde
Im Vorfeld der Vergabe hatten die Bewerber teilweise alles in die Lobbyingwaagschale geworfen, zahlreiche Spitzenpolitiker und Persönlichkeiten des Sports waren nach Zürich gereist. Putin versprach „ein Turnier auf höchstem Niveau. Dafür werden wir alles tun. Russland kennt und liebt den Fußball.“ Eine solche Entscheidung entspreche für Putin der Philosophie der FIFA, wonach sich der Fußball in allen Regionen der Welt entwickeln soll.
Mit einer Mischung aus Ratlosigkeit und Entsetzen nahm indes England das erneute Scheitern bei einer WM-Bewerbung auf. „Ich bin am Boden zerstört. Was hätten wir besser machen können? Was haben wir falsch gemacht?“, kommentierte Teamkapitän Rio Ferdinand via Twitter die Entscheidung. Das „Mutterland des Fußballs“ muss damit weiter auf die zweite WM nach 1966 warten.
Bis zuletzt hatten Prinz William, Premierminister David Cameron und Superstar David Beckham versucht, die Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees zu überzeugen. Die Presse taufte die drei schon „Three Lions“ (in Anspielung an die drei Löwen im englischen Wappen und die gleichnamige Hymne der englischen Nationalmannschaft für die Fußball-EM 1996). Aber England schaffte es nicht, nach den Olympischen Spielen 2012 in London ein zweites sportliches Großereignis in einem Jahrzehnt auf die Insel zu holen. Damit verpasst das zu einem rigiden Sparkurs gezwungene Land umgerechnet 3,8 Milliarden Euro geschätzte Zusatzeinnahmen, die eine WM-Ausrichtung mit sich gebracht hätte.
Premiere bei der Vergabe
Erstmals in der Geschichte wurden zwei WM-Endrunden an einem Tag vergeben. Wahlberechtigt waren nur 22 Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees, denn zwei waren nach Korruptionsvorwürfen suspendiert worden. Gewählt wurde geheim, die FIFA gab danach die Abstimmungsdetails bekannt.
Bei der Abstimmung für 2018 blieb England gleich im ersten Wahlgang mit nur zwei Stimmen auf der Strecke. In der zweiten Runde schaffte Russland mit 13 Stimmen eine absolute Mehrheit, dahinter folgten Spanien/Portugal (7) und Niederlande/Belgien (2). Aus dem Rennen um 2022 verabschiedete sich zunächst Australien, es folgte Japan und danach schied Südkorea aus. Im „Finale“ behielt Katar (14) gegen die USA (8) klar die Oberhand.
Ergebnisse WM-Vergabe:
Modus: 22 Mitglieder des FIFA-Exekutivkomitees waren stimmberechtigt. Zwölf Stimmen waren für die absolute Mehrheit notwendig.
2018
Erste Runde:
- Russland: 9 Stimmen
- Spanien/Portugal: 7
- Niederlande/Belgien: 4
- England: 2 (ausgeschieden)
Zweite Runde:
- Russland: 13 Stimmen (Zuschlag)
- Spanien/Portugal: 7
- Niederlande/Belgien: 2 Stimmen
2022
Erste Runde:
- Katar: 11 Stimmen
- Südkorea: 4
- USA: 3
- Japan: 3
- Australien: 1 (ausgeschieden)
Zweite Runde:
- Katar: 10 Stimmen
- USA: 5
- Südkorea: 5
- Japan: 2 (ausgeschieden)
Dritte Runde:
- Katar: 11 Stimmen
- USA: 6
- Südkorea: 5 (ausgeschieden)
Vierte Runde:
- Katar: 14 Stimmen (Zuschlag)
- USA: 8
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