England im ersten Wahlgang gescheitert
Mit einer Mischung aus Ratlosigkeit und Entsetzen haben England und die USA auf die Vergabe der WM-Endrunden 2018 an Russland und 2022 an Katar reagiert. „Ich bin am Boden zerstört. Was haben wir falsch gemacht?“, sagte Englands Kapitän Rio Ferdinand. In den USA meinte der ehemalige Teamspieler Alexi Lalas lapidar: „Sepp Blatter ist einfach kein Fan der USA.“
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Das Ergebnis war vor allem für das „Mutterland des Fußballs“ ein Schlag ins Gesicht. Nur zwei der 22 Exekutivmitglieder stimmten nach Angaben des Weltverbandes FIFA in Zürich für die Kandidatur der Engländer. Damit schieden sie trotz der Wahlhilfe durch Premierminister David Cameron, Prinz William und Superstar David Beckham bereits im ersten Wahlgang aus. Selbst die kombinierte Bewerbung der Niederlande und Belgiens schaffte es als größter Außenseiter mit vier Stimmen noch in die zweite Runde.
„Man muss sich fragen: Wenn wir es dieses Mal nicht geschafft haben, wann dann?“, fragte der frühere Kapitän der „Three Lions“, Alan Shearer, der zum Team der Bewerbungskampagne „England 2018“ gehörte. England muss damit weiter auf die zweite WM nach 1966 warten. Fans und Schaulustige, die sich trotz harschen Winterwetters vor dem Londoner Rathaus „City Hall“ im Stadtzentrum Manchesters und an anderen Orten des Landes vor großen Videoschirmen versammelt hatten, gingen frustriert und enttäuscht auseinander.
Negative Berichterstattung vor Vergabe
Zumindest mitentscheidend dürfte auch gewesen sein, dass sich Großbritanniens Medien zuletzt mit FIFA-kritischer Berichterstattung hervortaten. Die „Sunday Times“ entlarvte zwei FIFA-Exekutivmitglieder als potenziell käuflich. Am Montag bezichtigte die BBC-Sendung „Panorama“ drei weitere in einem Fall aus den 1990er Jahren der Bestechlichkeit. Nicht nur Ferdinand sah die Berichterstattung als unpassend an. „Das Timing der ‚Panorama‘-Sendung zeugt von schlechtem Geschmack, das ist Fakt“, meinte der Profi von Manchester United.
Die Kandidatur von Spanien/Portugal sah die Niederlage im WM-Rennen als Zeichen der FIFA. „Vielleicht wollten die Mitglieder des Exekutivkomitees Fußball in neue Länder expandieren. In Länder, die wirtschaftlich mächtig sind, zu jenen mit Geld“, meinte der spanische Teamchef Vicente del Bosque. Bewerbungschef Miguel Angel Lopez stimmte dem zu: „Die FIFA dachte, Fußball in anderen Breitengraden zu bewerben. Und das ist geschehen.“
USA „am Boden zerstört“
Auch in den USA war die Enttäuschung nach der Entscheidung für Katar riesengroß. „Wir sind am Boden zerstört“, meinte der ehemalige Teamspieler Eric Wynalda. „Ich bin enttäuscht. Millionen von US-Fußballfans haben hart daran gearbeitet, die WM nach Amerika zu bringen. Knapp geschlagen zu werden, ist schwer zu verdauen“, erklärte der Verbandspräsident Sunil Gulati auf der Website von „US Soccer“. Selbst US-Präsident Barack Obama kritisierte die Vergabe nach Katar als „falsche Entscheidung“.
Der US-Verband hatte sich von der Ausrichtung der WM 2022 eine Sogwirkung für die Entwicklung von Jugend-Fußball-Programmen in zahlreichen Großstädten erhofft. „Die FIFA-Entscheidung wird diese Dinge jetzt definitiv bremsen“, sagte Ex-Nationalspieler Coby Jones. Die Wahlniederlage ist für die USA die zweite schwere Schlappe innerhalb eines Jahres. Am 2. Oktober 2009 war Chicago mit seiner Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2016 schon im ersten Wahlgang gescheitert. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte sich für Rio de Janeiro entschieden.
Australien schied mit nur einer Stimme bereits in der ersten Wahlrunde aus. Bewerbungschef Frank Lowy befürchtet nun „eine lange Wartezeit“, bevor sich sein Land wieder berechtigte Hoffnungen auf die Ausrichtung einer WM machen darf. In Japan machte man die erst 2002 gemeinsam mit Südkorea ausgerichtete Endrunde für das Scheitern verantwortlich. Die Zeitspanne sei einfach zu kurz gewesen, meinten Kommentatoren.
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