Unbeugsame Nordmänner
Es gibt zwei Orte, bei deren Nennung der österreichische Fußballfan und -spieler regelmäßig „narrisch“ wird: Cordoba und Landskrona. Während Ersterer vor jedem Spiel gegen Deutschland aufgewärmt wird, geistert Zweitgenannter vor jedem Duell mit den Färöern herum. Die 0:1-Blamage 1990 in der EM-Quali hängt dem ÖFB-Team wie ein Klotz am Bein. Und mit ihr die Erinnerung an eine Pudelhaube.
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Die Geschichte von Tormann Jens Martin Knudsen, der mit der Haube am Kopf an jenem 12. September 1990 Toni Polster und Co. zum Verzweifeln brachte, hat auch 23 Jahre danach noch nichts von ihrem Reiz eingebüßt. Für das WM-Qualifikationsspiel am Freitag im Wiener Ernst-Happel-Stadion (20.30 Uhr, live in ORF eins) wurde die kultige Pudelhaube als zusätzlicher Glücksbringer mitgebracht.
„Dieses Spiel ist bei uns immer noch eine ganz spezielle Sache. Es wirkt noch immer nach, und so lange es Fußball auf den Färöern gibt, wird das immer so sein. Deshalb ist ein Spiel gegen Österreich für uns auch immer etwas Besonderes“, sagte Knudsen, der in Wien sein Buch „Der Mann mit der Pudelmütze“ präsentierte. Der 45-Jährige ist so wie der damalige Torschütze Torkil Nielsen noch immer ein Volksheld.

GEPA/Günter Artinger
Knudsen und seine Haube sind auch 23 Jahre nach Landskrona Kult
Färöer kein guter Boden
Das 0:1 in Landskrona war nicht nur das Ende der ersten Teamchefära von Josef Hickersberger, sondern auch der Anfang eines ÖFB-Traumas gegen die Kicker von der Insel. Denn die Bilanz gegen die Färöer ist zwar positiv, aber eindeutig ausbaufähig. Während wenigstens die bisherigen beiden Heimspiele mit 3:0 (1991) und 3:1 (2009) eine klare Sache für die Österreicher waren, konnte man auswärts gegen die Färöer noch nie gewinnen.
Nach dem 0:1 in Landskrona, dass damals nur aufgrund eines fehlenden Naturrasens auf den Färöern in Schweden gespielt wurde, mühte sich die ÖFB-Mannschaft auch in der WM-Qualifikation 2008 im ersten „echten“ Auswärtsspiel in Torshavn zu einem mageren 1:1. Martin Stranzl bewahrte die Österreicher damals vor einer neuerlichen Blamage. Das die Färöer kein guter Boden für Rot-Weiß-Rot ist, musste auch Red Bull Salzburg einsehen. Die Salzburger verloren in der Champions-League-Quali 2010 das Rückspiel gegen HB Torshavn mit 0:1. Zum Glück für die „Bullen“ hatte das Hinspiel 5:0 geendet.
Immer wieder Überraschungen
Dabei trennen Österreich und die Färöer vom Spielerpotenzial Welten. In Österreich sind 502.174 Fußballer und 2.293 Vereine gemeldet, auf den Färöern gibt es nur 4.431 Kicker und 22 Clubs. Dennoch sorgten die Spieler von der zwischen Großbritannien, Norwegen und Island gelegenen Inselgruppe nicht nur gegen Österreich für Überraschungen. Auch andere, noch prominentere Mannschaften hatten mit den unbeugsamen Nordmännern ihre liebe Not.
1991 glückte ein 1:1 gegen die Türkei, neun Jahre später musste sich der spätere WM-Teilnehmer Slowenien in der Quali in Toftir mit einem 2:2 begnügen, im September 2002 endete ein EM-Quali-Vergleich mit Schottland ebenfalls 2:2. Und auch Großmächte wie Deutschland hatten mit den Färingern mehr Mühe als erwartet. Im Oktober 2002 mühten sich die Deutschen in Hannover nur mit 2:1 gegen die Färöer, im Rückspiel 2003 stand es 89 Minuten lang 0:0, ehe sich das DFB-Team doch noch mit 2:0 durchsetzte.
„Zu punkten wird sehr schwierig“
Beim Gastspiel in Wien am Freitag sind die Färöer wieder klarer Außenseiter. Obwohl sie in der laufenden WM-Qualifikation beim 0:3 gegen Deutschland eine gute Figur machten und beim 1:2 gegen Schweden lange Zeit 1:0 führten. Nur zu Hause gegen Irland agierten die Färöer beim 1:4 so, wie man es sich von einem vermeintlichen Fußball-„Zwerg“ ergebnistechnisch erwartet.
Ex-Torhüter Knudsen glaubt dennoch an eine neuerliche Überraschung. „Aber zu punkten wird sehr schwierig, denn die Österreicher haben eine großartige Mannschaft mit vielen talentierten Spielern“, sagte der 45-Jährige. Den Fehler, die Färöer so wie 1990 zu unterschätzen, werden die Österreicher nicht mehr begehen, vermutet Knudsen. 1990 hatten Spieler und Medien nur über die Höhe des Sieges diskutiert.
„Damals war ihre Vorbereitung eine Schande. Sie haben sich am Tag vor dem Match lieber Dänemark - Wales angeschaut und auf ein Abschlusstraining in Landskrona verzichtet. Ich verstehe es ja auch, dass sie es so locker genommen haben. Die haben ja vorher nicht einmal gewusst, dass es die Färöer überhaupt gibt. Aber diesmal werden sie konzentriert sein“, so Knudsen. Auch wenn Österreich seine Favoritenrolle unterstreichen sollte, aus dem langen Schatten der Pudelhaube wird man erst mit einer überzeugenden Leistung beim Rückspiel auf den Färöern springen.
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