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Dortmund via Madrid nach London

Borussia Dortmund hat am Dienstag erstmals seit 1997 wieder den Sprung ins Endspiel der Champions League geschafft. Der entthronte deutsche Meister konnte sich nach dem 4:1-Triumph im Hinspiel im mit 80.350 Fans ausverkauften Estadio Bernabeu eine 0:2-Niederlage gegen Real Madrid leisten, um als erstes Team ins Finale am 25. Mai in London einzuziehen.

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Die Dortmunder, bei denen Goalie Roman Weidenfeller eine überragende Leistung bot, erfüllten sich damit trotz der ersten Niederlage in dieser CL-Saison ihren Traum vom Finale. Nach einer über weite Strecken souveränen Leistung mussten die Deutschen in einer packenden Schlussphase doch noch nervenaufreibende Minuten überstehen. Der Doppelschlag von Real Madrid durch Karim Benzema (82.) und Kapitän Sergio Ramos (88.) kam aber zu spät, am Ende fehlte den „Königlichen“ ein Treffer auf das Wunder.

Real scheiterte damit wie im Vorjahr im Semifinale an einem deutschen Verein und muss weiter auf das erste CL-Endspiel seit 2002 und die Realisierung von „La Decima“, dem zehnten Europacup-Titel der Clubgeschichte in der europäischen Königsklasse, warten. Stattdessen trifft nun Dortmund im legendären Wembley-Stadion entweder auf Ligarivalen Bayern München oder den FC Barcelona, wobei die Deutschen im Camp Nou einen 4:0-Vorsprung verteidigen.

Tor von Karim Benzema (Teal)

APA/AP/Alberto Di Lolli

Das Tor von Benzema ließ Real hoffen, am Ende aber vergeblich

Real startet mit Angriffswirbel

Während Dortmund-Coach Jürgen Klopp auf die gleiche Startelf wie beim Hinspiel in Dortmund vertraute, trat Real notgedrungen die Flucht nach vorne an. Trainer Jose Mourinho nahm zwei Änderungen vor. Der offensivere Angel di Maria verdrängte Sami Khedira, außerdem rückte für Pepe Michael Essien ins Team und sollte als Außenverteidiger für Druck sorgen. Und Dortmund musste zu Beginn wahrlich auf der Hut sein, denn die „Königlichen“ ließen sich in ihren Angriffsbemühungen nicht lange bitten.

Bereits in der vierten Minute hatte Gonzalo Higuain nach einer Unachtsamkeit der Dortmunder die Topchance auf die schnelle Führung, doch Weidenfeller konnte alleine gegen den Real-Stürmer mit dem Fuß die brenzlige Situation bereinigen. Real hatte ein klares Übergewicht und weiter große Möglichkeiten auf Treffer. Ronaldo scheiterte aus kurzer Distanz an Weidenfeller (13.), Mesut Özil schoss nach Vorarbeit von Higuain alleine vor dem Tor vorbei (15.).

Cristiano Ronaldo (Real) und BVB-Goalie Roman Weidenfeller

APA/AP/Alberto Di Lolli

Weidenfeller bewahrte Dortmund vor einem frühen Rückstand

Dortmund bekommt Partie in Griff

Dortmund konnte sich hingegen kaum aus der Umklammerung befreien. Die beste Chance vergab Robert Lewandowski, der aus der Drehung den Ball nicht richtig traf (13.). Kurz darauf dann auch noch der Verletzungsschock bei den Deutschen. Mario Götze musste mit einer Oberschenkelzerrung ausgetauscht werden, womit die Kreativabteilung stark geschwächt wurde. Für den Neo-Bayern kam Kevin Großkreutz aufs Feld (14.), Marco Reus rückte von links in die Zentrale.

Real musste allerdings nach knapp 20 Minuten und 7:1-Torschüssen dem Angriffswirbel Tribut zollen und einen Gang runterschalten. Die Dortmunder bekamen die Partie besser in Griff und konnten zumindest im Ansatz einige schnelle Gegenstöße lancieren. In der Defensive ließ die Viererkette Real öfters ins Abseits laufen. Wirkliche Großchancen boten sich daher bis zur Pause keinem Team mehr, was aufgrund der Ausgangslage nur Real wirklich ärgern musste.

Lewandowski diesmal im Pech

Nach Seitenwechsel hatte Dortmund die Chance, die Partie vorzeitig zu entscheiden. Lewandowski, der im Hinspiel viermal getroffen hatte und dies im Rückspiel bei Luftduellen durch den Ellbogen von Real-Verteidiger Ramos mehrfach zurückbezahlt bekam, war diesmal im Pech. In der 50. Minute prallte ein Lattenkracher des Polen Zentimeter vor der Torlinie auf. Kurz davor hatte er schon aus aussichtsreicher Position über das Tor geschossen (49.).

Real schien indes nicht mehr wirklich an das Wunder zu glauben. Die Angriffe wurden nicht mehr mit dem Nachdruck und der Präzision ausgeführt wie noch zu Beginn der Partie. In den ersten 15 Minuten der zweiten Hälfte verzeichneten die Madrilenen keinen einzigen Torschuss. Mourinho war das eindeutig zu wenig, mit einem Doppeltausch versuchte er noch einmal, Feuer in seiner Truppe zu entfachen. Kaka und Benzema kamen für Fabio Coentrao und Higuain (47.).

Sergio Ramos (Real) beugt sich über Robert Lewandowski (BVB)

APA/AP/Alberto Di Lolli

Ramos und Lewandowski lieferten sich im Rückspiel ein Privatduell

Dortmund zu fahrlässig

Die nächste Chance auf den ersten Treffer der Partie hatte aber wieder Dortmund - und was für eine. Nach Stanglpass von Reus klärte Real-Goalie Diego Lopez bei einem wuchtigen Schuss von Ilkay Gündogan aus kurzer Distanz mit einer Glanzparade (61.). Real fand gegen den schwarz-gelben Abwehrblock kein Durchkommen mehr. Bezeichnend dafür war, dass eine missglückte Hereingabe von Di Maria, die am langen Eck vorbeiging, noch die nennenswerteste Aktion war (67.).

Hochspannung in den letzten Minuten

Ein Kaka-Volley (72.) ging am Tor vorbei, an der Gegenseite hatte Lewandowski sein Visier nicht wie im Hinspiel eingestellt (76.). Diese Fahrlässigkeit sollte sich fast noch rächen, denn Real drehte in den letzten Minuten noch einmal gehörig auf und kam zur Führung. Kaka passte auf die Seite zu Özil, dessen Stanglpass verwertete Benzema aus kurzer Distanz (82.). Noch fehlten allerdings zwei Tore, und Dortmund fühlte sich in Sicherheit.

Das sollte sich allerdings schnell ändern. Zuerst drehte Weidenfeller einen abgefälschten Benzema-Schuss über die Latte (88.). Der darauffolgende Corner ließ Real aber zum zweiten Mal jubeln. Der Ball kam zu Ramos, der aus fünf Metern den Ball unter die Latte knallte (88.). Das Bernabeu-Stadion war endgültig ein Tollhaus. Mourinho stand wohl nur scheinbar seelenruhig an der Seite, als sein Team verzweifelt versuchte, das dritte Tor zu erzielen. Dortmund überstand aber auch noch die sechsminütige Nachspielzeit und lag sich danach in den Armen.

Christian Wagner, ORF.at

Champions League, Halbfinal-Hinspiel

Dienstag:

Real Madrid - Borussia Dortmund 2:0 (0:0)

Estadio Bernabeu, 80.350 Zuschauer, SR Webb (ENG)

Torfolge:

1:0 Benzema (83.)
2:0 Ramos (88.)

Real: Lopez - Essien, Varane, Ramos, Coentrao (57./Kaka) - Modric, Xabi Alonso (67./Khedira) - Di Maria, Özil, C. Ronaldo - Higuain (57./Benzema)

Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Gündogan, S. Bender (91./Santana) - Blaszczykowski, Götze (14./Großkreutz), Reus - Lewandowski (87./Kehl)

Gelbe Karten: Coentrao, Higuain, Ramos, Khedira bzw. Gündogan, S. Bender, Weidenfeller

Die Besten: Ramos, Modric, Benzema bzw. Hummels, Piszczek

Hinspiel 1:4 - Dortmund mit Gesamtscore 4:3 im Finale am 25. Mai in London

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