„Wembley calling“
Während Reals Superstar Cristiano Ronaldo mit leidender Miene zu Boden sank, lagen sich die Dortmunder in den Armen und tanzten ausgelassen. Die Szene stand sinnbildlich für einen vor allem aus deutscher Sicht denkwürdigen Fußballabend, an dem der BVB die schönste Niederlage seiner Vereinsgeschichte in mit dem Spruch „Wembley calling“ bedruckten T-Shirts bis spät in die Nacht zelebrierten.
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Trotz des üppigen 4:1-Polsters aus dem Hinspiel geriet Dortmund im Bernabeu-Stadion vor allem in den letzten Minuten durch die Tore von Karim Benzema (82.) und Sergio Ramos (88.) mächtig ins Wanken. Die Klasse von Goalie Roman Weidenfeller und auch ein wenig Glück ließen die Deutschen aber die sechsminütige Nachspielzeit überstehen. Danach ließ der Einzug ins Endspiel am 25. Mai im Londoner Wemley-Stadion, wo Bayern München wartet, beim entthronten deutschen Meister alle Dämme brechen.

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Kein Jugendschutz notwendig: Es sind Dortmunder, die das CL-Finale bejubeln
„Wir können einfach nur dramatisch“
Die Nacht wurde zum Tag gemacht, wobei sicher auch der eine oder andere Liter Bier den verdienten Weg in die Kehlen der Spieler fand. Dass schon am Samstag der allerdings sportlich bedeutungslose Bundesliga-Gipfel gegen den Ligarivalen und möglichen Finalgegner Bayern München auf dem Programm steht, interessierte nach dem ersten Einzug ins CL-Endspiel seit 1997 niemanden. „Wenn ich der Mannschaft jetzt nicht gestatte auszugehen, bin ich ja ein Vollhorst“, hatte Dortmund-Coach Jürgen Klopp keine Einwände.
Der historische Abend bei den „Königlichen“ versetzte auch den Trainer in Euphorie. „Das ist die außergewöhnlichste Leistung, von der ich seit langen, langen Jahren im Sport gehört habe“, sagte Klopp, der sich die Zitterpartie am Schluss gerne erspart hätte: „Aber Borussia gibt es nur all-inclusive“, spielte Klopp auch auf das Viertelfinale an, als Dortmund im Rückspiel gegen Malaga erst mit zwei Toren in der Nachspielzeit den Weg ins Semifinale ebnete. „Wir können einfach nur dramatisch“, meinte der völlig entnervte BVB-Geschäftsführer Joachim Watzke.

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In der Stunde des Triumphs hatten die Dortmunder auch Trost für Real
Spanische Presse trauert Wunder nach
Die spanische Presse betrauerte, dass Real das Fußballwunder verpasste, zog aber auch den Hut vor den Dortmundern. „Real stand kurz vor einer Heldentat. Zum Einzug ins Finale fehlte nur ein Meter. Klopp nimmt das Bernabeu ein und verlässt das Stadion im Stil eines Triumphators“, schrieb die „Marca“.
„Ein kurzer Moment der Epik reicht Real nicht aus für einen Finaleinzug. Nach einem furiosen Auftakt und einer wilden Schlussoffensive fehlte den Madrilenen nicht viel zu einem Fußballwunder. Allerdings war der BVB in weiten Phasen überlegen“, stand in der Zeitung „El Pais“.
Vor allem nach der Pause fanden die Deutschen Topchancen auf die Vorentscheidung vor. Robert Lewandowski, der im Hinspiel viermal getroffen hatte, hatte mit einem Lattenpendler Pech. Ilkay Gündogan scheiterte aus kurzer Distanz an Real-Goalie Diego Lopez. Am Ende war es Weidenfeller, der mit seinen Paraden Dortmund das Endspiel sicherte. „Wunder, Wahnsinn, Weidenfeller“, ließ die „Bild“ den Tormann hochleben. „Finale hört sich an, dass man es eigentlich nicht glauben kann“, sinnierte Weidenfeller.
Dortmunds wundersame Reise
Die überragende Champions-League-Saison hat dem Club bereits 60 Millionen Euro eingebracht. Mit leuchtenden Augen ließ Sportdirektor Michael Zorc die wundersame Reise des noch 2005 von der Insolvenz bedrohten Clubs Revue passieren: „Man muss die Entwicklung sehen. Erst Meister, dann Meister und Pokalsieger und nun im Champions-League-Finale. Das ist ein Meilenstein“, befand der Champions-League-Sieger von 1997. „Damals sind wir glücklicher ins Endspiel gekommen.“

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Sebastian Kehl im perfekten Outfit für das Endspiel am 25. Mai in London
Bei einem Spieler war die Freude aber auch getrübt. Für Mario Götze war die Partie schon nach 14 Minuten wegen eines Muskelfaserrisses beendet. Der aus seiner Sicht höchst brisante Bundesliga-Gipfel am Samstag gegen den Tabellenführer aus München wird deshalb ohne den Neo-Bayern stattfinden. Sogar sein Einsatz im Champions-League-Finale ist fraglich. Das erste Bulletin von Klopp verhieß wenig Gutes: „Es wird eng für alles, was noch ansteht.“
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