„Habe es auch für ihn geschafft“
Die Verpflichtung von Tennis-Legende Ivan Lendl als Trainer von Andy Murray war ein Geniestreich - das ist spätestens seit Sonntag klar. Seit Jahresbeginn 2012 arbeitet der Schotte mit dem achtfachen Grand-Slam-Sieger Lendl und seither geht es steil bergauf. Im Finale gegen Novak Djokovic versetzte Murray mit dem ersten Wimbledon-Sieg eines Briten seit 1936 eine ganze Nation in Freudentaumel.
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Dabei hatte es schon danach ausgesehen, als würde sich Murray nahtlos in jene Reihe von britischen Tennisassen einordnen, die großartige Leistungen erbrachten, aber im Tennis-Mekka nicht gewinnen konnten. Bunny Austin, Roger Taylor, John Lloyd, Greg Rusedski und zuletzt Tim Henman waren alle am „Fluch“ des Fred Perry gescheitert. Als die britischen Fans auch an Murray zu zweifeln begannen, wählte der Schotte die Telefonnummer einer Tennisgröße, die man 18 Jahre lang kaum an den ATP-Courts gesehen hat.

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Der Augenblick des Triumphs
Mission Wimbledon vollendet
„Für mich war wichtig, dass eine neue Person im Team neue Sichtweisen einbringt. Ivans Einfluss auf das Spiel ist unbestritten, er bringt Erfahrung und Wissen mit, das wenige haben, speziell bei großen Turnieren“, sagte Murray damals zur Verpflichtung des gebürtigen Tschechen. 18 Monate später bestieg er den Wimbledon-Thron. „Er hat an mich geglaubt, als viele es nicht getan haben. Er ist zu mir gestanden, auch nach schlimmen Niederlagen“, erinnerte er sich in der Stunde des Triumphs.
Ausgerechnet Lendl hat sich auf dem „heiligen Rasen“ als bis dahin fehlender Mosaikstein herausgestellt. In seiner aktiven Zeit hatte der Mann mit den Sägespänen in seinen Shorts - um seinen Griff zu trocknen - eine Hassliebe zu Wimbledon entwickelt. 1982 hatte er das Turnier mit den berüchtigten Worten „Gras ist nur gut für Kühe“ boykottiert. Am Ende sollte Wimbledon ein weißer Fleck in der Erfolgslandkarte des 53-jährigen, nunmehrigen US-Amerikaners werden.
Murray dazu: „Ich bin einfach glücklich, dass ich es auch für ihn geschafft habe. Er hätte so gerne hier gewonnen, aber ich glaube, das ist die nächstbeste Möglichkeit für ihn.“ Dabei hatte es vor Jahresfrist noch nicht nach diesem Triumph ausgesehen. Andy Murray verlor im Wimbledon-Endspiel gegen Roger Federer auch sein viertes Grand-Slam-Finale und wartete nicht nur auf den Coup an der Church Road, sondern auch auf den ersten Major-Titel.
Kraft aus Niederlagen
Auch Lendl hat übrigens seine ersten vier Major-Endspiele verloren. Dass es nur wenige Wochen später ausgerechnet der Schauplatz Wimbledon sein würde, der den Knoten platzen lassen würde, damit hatte er nicht gerechnet: Murray holte in einer Wiederholung des Finales gegen den Schweizer Olympiagold und nur kurz darauf den US-Open-Titel. Seither ist der 26-jährige Schotte jederzeit für einen Major-Sieg gut und hat endgültig zu den „big three“ Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic aufgeschlossen.

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Für den Spieler Ivan Lendl war in Wimbledon immer zu früh Endstation
„Er hat mich mehr aus meinen Niederlagen lernen lassen als in der Vergangenheit“, sagte Murray und ergänzte, „er hat mir immer exakt das gesagt, was er gedacht hat. Und das ist in einem Spieler-Trainer-Verhältnis nicht immer einfach.“ Es war weniger das ohnehin schon vorhandene spielerische Arsenal Murrays, und auch nicht dessen körperliche Fitness, an der Lendl arbeitete. Es war das Verhalten Murrays auf dem Platz, das früher öfters in hitzigen Ausbrüchen ausartete. „Ivan, der Schreckliche“ wie er früher genannt wurde, hat Murray die nötige Coolness beigebracht.
Fast eine Dekade lang hat Murray nun die Last der Hoffnungen von 60 Millionen Briten getragen, nun hofft der Schotte, dass es nicht eine weitere Lebenszeit dauern wird, ehe es einen Nachfolger für ihn geben wird. „Wenn man das Geld sieht, das in diesem Land in diesen Sport investiert wird, sollte es nicht wieder 70 Jahre dauern. Ich hoffe, dass es nicht so lange dauert“, sagte Murray. Und dabei hat er offenbar gar nicht an sich selbst gedacht, denn nach dem Setzen dieses historischen Meilensteins ist er selbst aktuell der wahrscheinlichste Nachfolger.
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