Erst nach Seitenwechsel weltmeisterlich
Nach einer schwachen ersten Halbzeit hat sich der Weltmeister am Samstag mit einem standesgemäßen Kantersieg in den Sommerurlaub verabschiedet. Eine deutliche Steigerung nach der Pause und ein Triplepack von Andre Schürrle brachten der deutschen Nationalmannschaft einen 7:0 (1:0)-Erfolg gegen den „Fußballzwerg“ Gibraltar.
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Mit dem zweithöchsten Sieg unter Bundestrainer Joachim Löw nach dem 13:0 in San Marino 2006 rückte das DFB-Team mit 13 Punkten vor dem „heißen Herbst“ in der EM-Qualifikationsgruppe D hinter Polen (14), das Georgien mit 4:0 besiegte, auf Rang zwei vor.
Neben Schürrle (28., 65. und 71.) trugen sich Max Kruse (47., 81.), Ilkay Gündogan (51.) und Karim Bellarabi (57.) in die Torschützenliste ein. Ein versöhnlicher Abend wurde es für die mitgereisten deutschen Fans aber erst in der zweiten Halbzeit, als die DFB-Auswahl gegen die Amateure aus Gibraltar zu ihren Toren kam.

AP/Francisco Seco
Erst in der zweiten Halbzeit durften die Deutschen so richtig jubeln
„Gnadenlosigkeit“ lässt auf sich warten
„Ich erwarte, dass die Mannschaft die Überlegenheit in Tore ummünzt“, hatte Löw seiner Elf mit auf den Weg gegeben und gegen den krassen Außenseiter „Gnadenlosigkeit“ gefordert. Der Bundestrainer setzte deshalb vor 7.500 Zuschauern im Estadio Algarve im portugiesischen Faro, wo Gibraltar mangels geeignetem Heimstadion antreten muss, ganz auf Offensive.
Patrick Herrmann über rechts und Bellarabi über links bildeten quasi zusammen mit Mario Götze und Schürrle einen Viererangriff. In der Abwehr beließ es Löw bei einer von Rückkehrer Jerome Boateng dirigierten Dreierkette. Mit der Umsetzung der Marschroute haperte es aber gewaltig. Die erste Halbzeit war eines Weltmeisters kaum würdig: Gegen die dicht gestaffelte Defensive agierte die DFB-Elf einfallslos und ging vor dem Tor zu fahrlässig mit ihren Chancen um.
Schweinsteiger vergibt Elfmeter
Bestes Beispiel war der fast schon arrogant geschossene Foulelfmeter von Kapitän Bastian Schweinsteiger, den Torhüter Jordan Perez in der zehnten Minute problemlos parierte. Kläglich war auch, wie Mesut Özil und der eingewechselte Kruse kurz vor der Pause mit ihren Chancen umgingen - so wuchs Perez, im wahren Leben ein Feuerwehrmann, über sich hinaus.
Weidenfeller muss im „Abschiedsspiel“ eingreifen
Doch nicht nur das Offensivspiel lahmte, im Mittelfeld offenbarte die DFB-Auswahl erschreckende Lücken, sodass die tapferen Gastgeber sogar selbst zu einigen Chancen kamen. Ging ein Warnschuss von Liam Walker in der fünften Minute noch knapp vorbei, musste der Dortmunder Keeper Roman Weidenfeller sogar einige Male beherzt eingreifen, um einen Gegentreffer zu verhindern.
Dabei sollte es eigentlich ein ruhiges „Abschiedsspiel“ für den 34-Jährigen werden, der wohl nach der Sommerpause angesichts der vielen starken jungen Torhüter wie Marc-Andre ter Stegen und Bernd Leno kaum mehr eine Chance haben wird. Doch Weidenfeller war bei Schüssen von Adam Priestley (17.) und Aaron Payas (22.) zur Stelle. Noch brenzliger wurde es in der 30. Minute, als Jake Gosling zum Nationalhelden hätte aufsteigen können, als er aus zwei Metern am DFB-Schlussmann scheiterte.
Führung nach Abwehrfehler
Bezeichnenderweise ging beim Führungstor des Weltmeisters auch noch ein kapitaler Fehler von Gibraltars Ryan Casciaro voraus. Schürrle spitzelte dem Verteidiger den Ball weg und überwand auch Perez. Zuvor hatte sich Götze festgelaufen. Der WM-Held musste kurze Zeit später mit Oberschenkelproblemen für Kruse ausgewechselt werden.
Rund 3.000 aus dem 400 Kilometer entfernten Gibraltar angereiste Fans waren angesichts der Vorstellung völlig aus dem Häuschen, während bei Löw und DFB-Präsident Wolfgang Niersbach betretene Mienen zu verzeichnen waren.
Gibraltar gehen die Kräfte aus
Nachdem ein kaputtes Tornetz in der Pause für eine Verzögerung gesorgt hatte, ging die deutsche Mannschaft in der zweiten Halbzeit mit viel mehr Ernsthaftigkeit zu Werke und profitierte wohl auch davon, dass bei den Halbprofis Kräfte und Konzentration nachließen. So staubte Kruse nach Vorarbeit von Özil aus kurzer Entfernung ab (47.), kurz darauf gelang Gündogan der dritte Treffer (51.), Bellararbi erhöhte nach einem Perez-Patzer weiter (57.).
Trotz aller Überlegenheit blieb es aber für Weidenfeller ein arbeitsreicher Tag. Gegen Lee Casciaro lenkte der Routinier den Ball mit den Fingerspitzen gerade noch über das Tor (55.). Das längst verdiente erste Heimtor wollte der Mannschaft David Wilson einfach nicht gelingen. Stattdessen entwickelte die deutsche Mannschaft, insbesondere Schürrle, endlich Torlaune. Der Neo-Wolfsburger war sowohl in der 65. als auch in der 71. Minute aus kurzer Entfernung zur Stelle, ehe sein zukünftiger Kollege Kruse nochmals traf (81.).
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