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WM-Leader mit Luxusproblem

Mit einem Sieg beim Heimrennen in Silverstone könnte Lewis Hamilton seinen Vorsprung in der WM-Wertung der Formel 1 auf Nico Rosberg wieder ausbauen. Es wäre wohl die einzige Freude, die Hamilton mit dem Sieg beim Grand Prix von Großbritannien hätte. Denn der Siegerpokal ist dem 28-Jährigen egal. Mehr noch: Der Weltmeister findet die Trophäen in dieser Saison allesamt schrecklich.

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Lewis Hamilton (GBR/Mercedes) mit seiner Trophäe für den zweiten Platz in Spielberg

GEPA/Christian Walgram

Die Trophäe beim GP von Österreich war Hamilton zu billig

Bei jedem der bisherigen acht Saisonrennen stand Hamilton auf dem Podest, viermal davon auf der obersten Stufe. Die Pokale, die der Brite dafür erhielt, sieht er sich aber nicht mehr an. Denn Hamilton sind die Preise ein Graus. „Wir müssen einfach bessere Trophäen machen. Es ist schockierend, wie schlecht die Pokale sind“, zitierte der „Daily Telegraph“ (Mittwoch-Ausgabe) den Briten vor seinem Heimrennen in Silverstone am Wochenende.

Spott für Österreich-Preis

Den 30-Jährigen stört dabei viel weniger das Design als das Material. Statt Gold und Silber dominieren laut Hamilton Plastik und ähnliche Materialien. Die Trophäe, die es zuletzt in Spielberg für den Großen Preis von Österreich gegeben hatte, setzte dem Ganzen aus Sicht des WM-Leaders die Krone auf. „Die letzte in Österreich war aus Holz, der Fuß war wie Blei. Was soll das? Es sollte schon aus Silber sein“, schimpfte Hamilton.

Dabei hatten sich die Organisatoren in Spielberg im Vorfeld bemüht, eine etwas handlichere Trophäe als jene, die der Osttiroler Künstler Jos Pirkner für das Comeback der Formel 1 in Österreich vor einem Jahr entworfen hatte, bei der Siegerehrung zu präsentieren. Schon damals sollten die von Hamilton kritisierten Materialien Zirbenholz und Eisen die Steiermark als Gastgeber symbolisieren.

„Einfach nur furchtbar“

Der Engländer ging sogar noch weiter und verglich die aktuellen Trophäen mit jenen seiner Anfangszeit im Gokart und der Formel Renault. „Da waren es Schachteln mit kleinen Autos drinnen“, so Hamilton. Bei seinem Einstieg in die Formel 1 seien die Trophäen auch noch aus besserem Material gewesen, so der 30-Jährige: „Aber jetzt sind sie einfach nur furchtbar.“

Jubel von Nico Rosberg (GER/Mercedes) mit dem Pokal von Spielberg 2014

APA/Hans Klaus Techt

2014 hatte Nico Rosberg in Spielberg ordentlich was zu heben

Für Hamilton hatten die Siegerpokale in seiner Karriere stets eine besondere Bedeutung. In seiner Zeit bei McLaren musste er die Trophäen an den Rennstall abtreten. Vor seinem Wechsel zu Mercedes ließ er sich daher vertraglich garantieren, dass er seine gewonnenen Pokale behalten darf. Seine Kritik an den aktuellen Trophäen brachte Hamilton sogar bei Formel-1-Boss Bernie Ecclestone höchstpersönlich vor.

Ein Land, eine Trophäe

Der Grund für die Abkehr der Grand-Prix-Veranstalter von historischen Pokalen hin zu den neuen Trophäen liegt auch am Vordringen von Sponsoren. Ein Umstand, der Hamilton im Vorjahr in Silverstone in die Bredouille gebracht hatte. Damals hatte der Engländer die moderne Siegestrophäe, präsentiert von Sponsor Santander, mit verächtlichen Worten bedacht. Lieber hätte Hamilton die 1948 erstmals verliehene goldene Royal Automobile Club Trophy in den Händen gehalten.

„Das ist die einzige Trophäe für Silverstone“, sagte Hamilton, „vergangenes Jahr haben sie mir dieses Plastikding gegeben. Die ist etwas für die GP2, aber nicht für die Formel 1.“ Der Weltmeister plädierte daher wieder für mehr Tradition. „Es wäre großartig, wenn jedes Land eine echte Trophäe hätte, die über die Jahre aufgrund ihrer Geschichte an Charakter gewinnt.“

Lewis Hamilton (GBR/Mercedes) mit der Trophäe von Silverstone

GEPA/XPB Images/Moy

Die goldene Silverstone-Trophäe durfte Hamilton erst später halten

Tradition sticht Aussehen

Aber auch alte, prestigeträchtige Trophäen sind nicht immer eine Augenweide. Bei allen sticht aber das Prestige die Schönheit der Trophäe aus. Die seit 1851 ausgesegelte Silberkanne für den America’s Cup würde sich etwa aus ästhetischen Gründen niemand ins Wohnzimmer stellen. Dafür stellt der „Auld Mug“, die „bodenlose Kanne“, die älteste noch immer vergebene Siegestrophäe der Welt dar.

Ähnlich verhält es sich für Tennisspieler. Die Trophäe für das siegreiche Team des Davis Cups, der immerhin seit 1900 ausgespielt wird, trägt den Spitznamen „hässlichste Salatschüssel der Welt“ wohl auch zu Recht. Und selbst an den Pokalen für den Fußballweltmeister oder den Stanley Cup für das beste Team der National Hockey League (NHL) scheiden sich die Geister. Gewinnen wollen die Pokale trotzdem immer alle.

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