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Bombengeschäft Merchandising

Die beiden Sportartikelhersteller Puma und adidas haben am Montag begonnen, das Geheimnis um die Trikots für die EM 2016 zu lüften. Neben dem ÖFB-Team, das mit einem leicht adaptierten roten Dress ins Trainingslager in Alicante abhob, präsentierte auch Weltmeister Deutschland erstmals sein EM-Design. Spanien folgte am Mittwoch. Die Konzerne dürfen sich jedenfalls schon jetzt die Hände reiben.

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Neben Österreich rüstet Puma bei der EM-Endrunde im Juni nächstes Jahr auch die EM-Teilnehmer Italien, die Schweiz, die Slowakei und Tschechien aus. Bei adidas stehen neben dem DFB-Team und EM-Titelverteidiger Spanien auch die aktuelle Nummer eins der FIFA-Weltrangliste Belgien sowie Wales, Russland, Albanien und Nordirland unter Vertrag. Dazu kommen die Play-off-Teilnehmer Bosnien-Herzegowina, Ungarn, die Ukraine, Dänemark und Schweden.

Trikotpräsentation

PUMA Press

Die „Squadra Azzurra“ will sich bei der EM ein Denkmal setzen

Nike kleidet Gastgeber Frankreich, England, Portugal, Polen, Kroatien und die Türkei sowie den Play-off-Teilnehmer Slowenien ein. Der US-Konzern will seine Dressen aber erst im Dezember bzw. kurz vor der EM präsentieren. Kleinere Brötchen backen die drei Hersteller Umbro, Joma und Errea. Während Umbro mit den beiden Play-off-Teilnehmern Norwegen und Irland immerhin zwei Teams ausrüstet, beliefern Joma (Rumänien) und Errea (Island) jeweils nur eine Nationalmannschaft. Beide Teams haben ihr EM-Ticket allerdings bereits fix in der Tasche.

Hightech-Materialien als Erfolgsfaktor

Gemeinsam haben sämtliche Trikots, dass die aktuelle Kollektion kaum mehr etwas mit den früheren Baumwolldressen zu tun hat. Dank atmungsaktiven Hightech-Fasern und in den Stoff eingearbeiteten Tapes versprechen die Hersteller ihren Trägern eine optimale Arbeitskleidung auf dem Weg zum EM-Titel. Zwar können diese Hightech-Leiberl noch kein Tor selbst erzielen, die Kicker sollen im Spiel aber durch nichts und schon gar nicht von vor Schweiß triefenden Trikots behindert werden. ClimaCool (adidas), DryCELL (Puma) und Dri-FIT (Nike) heißen die Schlagworte.

Trikotpräsentation

PUMA Press

Die Schweiz, Slowakei, Italien, Tschechien und Österreich als Puma-Vertreter

Dass mit diesen vielversprechenden Zauberworten aber vor allem auch die Fans angesprochen werden sollen, beweist die zumindest von Puma und adidas praktisch gleichzeitige Präsentation der EM-Trikots. In die Ausläufer der EM-Euphorie der soeben geschafften Qualifikation und rechtzeitig zum Beginn des Weihnachtsgeschäfts sollen sich die Anhänger am besten noch heuer standesgemäß für die EM-Runde von 10. Juni bis 10. Juli 2016 ausstatten. Verlässt man sich auf die Entwicklung der letzten Jahre, dürfen sich die Hersteller auf ein Bombengeschäft freuen.

Rekordergebnis durch deutschen WM-Triumph

So hatte beispielsweise adidas im WM-Jahr 2014 Trikots und Merchandisingprodukte im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro verkauft, so viel wie noch nie zuvor. Im Jahr des deutschen WM-Triumphs gingen dabei mehr als drei Millionen Trikots der DFB-Auswahl über den Ladentisch, im Vorjahr waren es immerhin noch 400.000 Stück mit dem vierten Stern über dem Wappen gewesen. Kein Wunder also, dass die Hersteller die Fans vor Großereignissen mit neuen Varianten - mit (zumindest optisch) auch noch so geringen Veränderungen - zu einem Neukauf animieren wollen.

Trikotpräsentation

adidas Press

Ein Ausrüstervertrag mit der DFB-Auswahl ist für die Hersteller ein Jackpot

Die Konzerne überbieten sich im Kampf um die lukrativsten Verträge - analog zum Clubfußball - mit immer höheren Summen. So wechselte Frankreich 2011 nach knapp 40 Jahren von adidas zu Nike und erhält dafür bis 2018 pro Jahr rund 43 Millionen Euro. Auch England kehrte 2013 seinem fast 60-jährigen Partner Umbro den Rücken und ließ sich vom US-Riesen abwerben - auch, weil Nike den britischen Sportartikelhersteller nach fünf Jahren wieder abstieß. Laut britischen Medien bekommen die „Three Lions“ pro Jahr rund 20 Millionen Pfund (28 Mio. Euro) überwiesen.

Nike buhlt um DFB-Ausrüstervertrag

Dass bei diesen Millionenspielen sogar vermeintliche Tabus gebrochen werden könnten, beweist ein Nike-Vorstoß aus dem Jahr 2007. Damals soll der US-Konzern dem DFB 500 Millionen Euro (62,5 Mio. Euro pro Jahr) für einen acht Jahre laufenden Vertrag geboten haben. Das wäre mehr als das Doppelte des Betrags gewesen, den adidas bereit war, für einen zweimal so lange laufenden Vertrag (25 Mio. Euro pro Jahr) hinzublättern. Da adidas aber auf eine mündliche Vereinbarung mit dem DFB aus dem Jahr 2006 verwies, stoppte ein unabhängiges Schiedsgerichts den Sponsorenwechsel, und der DFB blieb adidas treu.

„Verloren haben nicht wir, sondern der DFB“, sagte Nike-Präsident Charlie Denson damals in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“.) „Nämlich sehr viel Geld.“ Vor diesem Hintergrund rechnen Experten bei der nächsten Vertragsverlängerung 2018, dass der Deal mit dem vierfachen Weltmeister schon eine Milliarde Euro wert sein könnte. Und genau diese Summe soll adidas laut Medienberichten vom September nun ebenfalls bereit sein, zu zahlen. „Diese Zahl wird vom einen oder anderen gestreut, um bestimmte Dinge zu bezwecken“, dementierte adidas-Boss Herbert Hainer gegenüber der „Welt“ und vermutet, dass der Preis bewusst nach oben getrieben werden soll.

Europameister Spanien bleibt adidas treu

Es kündigt sich also ein Wettbieten um die Gunst von Weltmeister Deutschland an. Hainer bestätigte, dass adidas, das seit dem WM-Triumph 1954 Generalausrüster der deutschen Nationalmannschaft ist, bereits intensive Gespräche mit dem DFB führe. Da man einen Vorlauf von rund eineinhalb Jahren für das Design und die Produktion der neuen Trikots brauche, rechne er damit, dass es zu einer Einigung innerhalb der nächsten sechs Monate kommen werde. „Natürlich wollen wir mit dem DFB verlängern, das ist keine Frage“, sagte der adidas-Chef. Es gebe aber dennoch eine „bestimmte Schmerzgrenze.“

Die Partnerschaft mit einem „Big Player“ im internationalen Fußball konnte sich adidas immerhin schon zumindest bis zum Jahr 2026 sichern. Im September gaben die Deutschen bekannt, dass sie den im kommenden Jahr auslaufenden Ausrüstervertrag mit der spanischen Nationalmannschaft, dem Weltmeister von 2010 und Europameister von 2008 und 2012, vorzeitig um zehn weitere Jahre verlängert hätten. Experten schätzen das Volumen des Vertrags auf 35 bis 40 Millionen Euro pro Jahr bzw. 350 bis 400 Millionen Euro für den gesamten Zeitraum, was einer Steigerung von fast 50 Prozent entsprechen würde.

Wolfgang Rieder, ORF.at

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