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Zwei Herzen in einer Brust

Für Österreichs Nationalteam ist das Gastspiel gegen Serbien am Sonntag in Belgrad (20.45 Uhr, live in ORF eins und im Livestream) die nächste Hürde auf dem Weg zur WM 2018 in Russland. Für Marko Arnautovic und Aleksandar Dragovic ist die Partie eine Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte. Zwei Herzen schlagen in ihrer Brust - das rot-weiß-rote aber an diesem Abend lauter.

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Kalt lässt es das ÖFB-Duo nicht, wenn es am Sonntag gegen das Heimatland ihrer Vorfahren geht. Arnautovic hat väterlicherseits serbische Wurzeln, auch bei Dragovic lebt noch ein Großteil der Verwandtschaft in Serbien. „Natürlich sind Emotionen da, wenn es gegen das Heimatland meiner Familie geht, es ist ein spezielles Spiel für mich und Marko“, sagte Dragovic. Auch Arnautovic musste zugeben, dass nicht nur die serbischen Spieler, sondern auch die eigenen Emotionen ein Gegner sein werden: „Das wird für mich kein leichter Abend.“

WM-Quali: ÖFB-Team trifft auf Serbien

Auf das ÖFB-Team wartet am Sonntag in Belgrad mit Serbien der nächste harte Brocken in der WM-Quali. Emotional ist dieses Duell für Alexander Dragovic und Marko Arnautovic, beide Spieler haben serbische Wurzeln.

Großes Lob für Arnautovic

Arnautovic, dessen Vater aus Serbien stammt, steht auch im Fokus der Gastgeber. Seine Gala gegen Wales, wo er beim 2:2 beide Tore erzielte, verstärkte noch die Alarmstimmung bei den Serben. Kapitän Branislav Ivanovic warnte speziell vor den Fähigkeiten des Stoke-Legionärs. Der Abwehrspieler muss es wissen. Mit Chelsea hatte er es in der englischen Premier League schon öfter mit dem 27-jährigen Wiener zu tun.

Marko Arnautovic und Aleksandar Dragovic vor dem Abflug des ÖFB-Teams nach Belgrad

APA/Robert Jäger

Arnautovic (l.) und Dragovic kehren zu ihren Wurzeln zurück

„Ich habe höchsten Respekt vor Arnautovic. Er ist in den letzten eineinhalb Jahren unglaublich gereift“, sagte Ivanovic, „aufgrund seiner Herkunft schenkt man ihm hier natürlich Aufmerksamkeit, aber auch fußballerisch hat er sich über die Qualität seines Clubs, für den er spielt, entwickelt.“ Für den serbischen Kapitän gilt es daher, zuerst Arnautovic auszuschalten: „Wenn wir das schaffen, haben wir gute Chancen die Null zu halten.“

Der so Gelobte selbst stellt sich jedenfalls auf Unmutsbezeugungen der Fans ein. „Davon gehe ich aus“, sagte der ÖFB-Spieler. Zu emotionalen Ausbrüchen will er sich dennoch nicht hinreißen lassen, auch wenn das der offizielle serbische Reiseleiter der ÖFB-Delegation hofft. „Ich werde nicht respektlos gegenüber den Fans sein“, sagte Arnautovic. Gelingt ihm auch in Belgrad ein Treffer, dann jubiliert er höchstens nach innen. Sprich: Ein Freudentänzchen mit David Alaba gibt es wenn erst wieder im nächsten Spiel.

Erinnerungen ans Debüt

Auch Dragovic will sich im Falle eines eigenen Torerfolges („Was aber eh nicht jeden Tag passiert“) nach außen hin gelassen freuen. „Aus Respekt zu Serbien wird es sich in Grenzen halten“, sagte der aktuelle Edelreservist von Bayer Leverkusen. Der 25-Jährige wird für 90 Minuten alle familiären Bande ausblenden: „Man kann nur drei Punkte holen, wie in jedem anderen Match.“ Unterstützung von den serbischen Verwandten gebe es schließlich auch keine. Da halfen selbst Telefonate vor dem Abflug nichts. „Mein Opa und meine Oma werden zu mir helfen, sonst sind wir sicher in Unterzahl“, sagte der Wiener mit einem Augenzwinkern.

ÖFB-Mannschaftsfoto in der WM-Qualifikation am 6. Juni 2009 auswärts gegen Serbien

GEPA/Christian Ort

Dragovic (hinten 2. v. l.) gab in der Heimat seiner Vorfahren sein ÖFB-Debüt

Das Gastspiel im Rajko-Mitic-Stadion vulgo Marakana in Belgrad ist für Dragovic nicht nur aufgrund seiner familiären Wurzeln speziell. Vor sieben Jahren gab der Verteidiger an gleicher Stelle als 18-Jähriger sein Debüt. „Das wird mir immer in Erinnerung bleiben. Da kann ich Didi Constantini nur tausendmal Danke sagen, dass er mich damals eingesetzt hat“, so Dragovic, der auch an Marcel Kollers Vorgänger als Teamchef liebe Grüße ausrichtete.

Zwar war das Ergebnis mit 0:1 aus österreichischer Sicht ein Schönheitsfehler, doch der Tag „wird aber immer mein Highlight bleiben“. Noch dazu, weil das Marakana die Heimat von Roter Stern Belgrad ist. Dragovic’ Großvater sorgte dafür, dass der kleine Aleksandar schon früh ein Anhänger des serbischen Traditionsclubs werden würde. „Besser hätte ich es mir nicht wünschen können“, so Dragovic. Nachsatz: „Schöner wäre nur noch gewesen, wenn wir auch noch gewonnen hätten.“

Österreich Erster, Serbien Zweiter

Am Sonntag haben Dragovic und Arnautovic - dessen zweites ÖFB-Länderspiel damals das Rückspiel in der WM-Quali gegen Serbien in Wien war - die Gelegenheit, den Spieß umzudrehen. Dazu bedarf es aber einer ähnlichen Leistung wie gegen Wales, wenn nicht sogar einer noch besseren. „Sie haben auch einiges vor, sie haben gegen uns entsprechenden Druck“, sagte Arnautovic, der die Serben als „überragende Mannschaft“ bezeichnete.

Mögliche Aufstellung Österreich

ORF.at

Mögliche Aufstellung des ÖFB-Teams

Dragovic hofft, dass man den serbischen Spielern und den heißblütigen Fans schnell den Wind aus den Segeln nehmen kann. „Wenn es nicht so läuft, dann drehen sie schnell mal durch und schimpfen auch den Schiedsrichter. Die Fans pfeifen dann auch schnell“, so der Wiener. Auf einen echten Hexenkessel müssen sich die ÖFB-Spieler aber wohl ohnehin nicht einstellen. Denn aus serbischer Sicht hofft man auf 20.000 Zuschauer, nachdem sich gegen Irland nur knapp 8.000 in das Oval verirrt hatten. Etwas über 55.000 würden Platz finden.

Für die beiden serbischen Österreicher zählen am Ende nur die drei Punkte. „Wir haben noch acht Spiele und wir haben ein großes Ziel vor Augen“, sagte Arnautovic. Und auch für Dragovic sind die Präferenzen klar: „Ich wünsche Serbien alles Gute in der Quali, hoffe aber, dass sie gegen uns einen schlechten Tag erwischen. Ich möchte, dass wir gewinnen. Es wäre super, dass wir Erster werden und Serbien Zweiter.“ Das österreichische Herz schlägt halt doch noch etwas lauter.

Karl Huber, ORF.at, aus Belgrad

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