Die „Hitzeschlacht von Lausanne“
Ein Jahr vor der Erklärung der eigenen Neutralität waren die Österreicher bei der fünften WM in der neutralen Schweiz keineswegs neutrale Beobachter, sondern haben energisch ihre Interessen vertreten. Die WM 1954 in der Schweiz hat dem österreichischen Fußball den bis heute größten Erfolg beschert.
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Die ÖFB-Auswahl rund um Ernst Happel und Ernst Ocwirk beendete das Turnier auf Platz drei, den Titel holte sich Deutschland durch ein 3:2 im Finale gegen die deutlich höher eingeschätzten Ungarn. Nach Siegen über Schottland (1:0) und die CSSR (5:0) kam es im Viertelfinale in Lausanne zum denkwürdigen Aufeinandertreffen mit den Gastgebern.

AP
Theodor Wagner steuerte den sechsten Treffer für Rot-Weiß-Rot bei
Torflut bei 40 Grad im Schatten
Bei rund 40 Grad im Schatten kassierte ÖFB-Goalie Kurt Schmied in den ersten 23 Minuten drei Tore und erlitt dann auch noch einen Sonnenstich. „Nach dem 0:3 weiß ich überhaupt nichts mehr“, sagte Schmied Jahrzehnte nach der legendären Partie. Während der taumelnde Schlussmann vom ÖFB-Masseur dirigiert wurde, bestürmten seine Vorderleute wie entfesselt das gegnerische Tor und gewannen schließlich mit 7:5.
Brasilien triumphiert erstmals
1958 in Schweden war die Sache wirklich klar. Noch nie in der 28-jährigen Geschichte der Weltmeisterschaft hatte sich ein Team den Titel so ungefährdet und so verdient geholt wie Brasilien, das dem Rest der Fußballwelt in allen Belangen überlegen war. Die Mannschaft vom Zuckerhut kam mit Zauberern und Tänzern wie Didi, Zito und Garrincha, mit einem 17-jährigen Wunderknaben namens Edson Arantes do Nascimento - besser bekannt als Pele - und mit einer Taktik, die mit einem Schlag das vertraute WM-System mit Außenläufer und Halbstürmer ablöste.
Die Entdeckung von Pele
Nachdem die Brasilianer förmlich durch ihre Gruppe getanzt waren, erwies sich im Viertelfinale erstaunlicherweise Wales als harte Nuss, das entscheidende Tor zum 1:0 gelang Pele. Mit drei Toren war wieder Pele maßgeblich am 5:2-Sieg im Semifinale gegen die Franzosen beteiligt, deren Goalgetter Just Fontaine mit 13 Toren nach wie vor Inhaber des WM-Rekords ist und das wohl auch bleiben wird.
Das Finale gegen die den Heimvorteil fast bis zur letzten Konsequenz ausschöpfenden Schweden wurde zu einer ähnlichen Demonstration brasilianischer Fußballkunst, 5:2 (wieder zwei Pele-Tore) lautete erneut das Resultat, der WM-Titel ging endlich nach Rio.
Österreichs Auswahl war mit jener von 1954, als mit Rang drei die noch immer beste WM-Platzierung erreicht wurde, nicht mehr zu vergleichen und erwischte zudem die schwerste Gruppe. Niederlagen gegen Brasilien (0:3) und die UdSSR (0:2) sowie ein achtbares Remis gegen England (2:2) bedeuteten den letzten Platz und damit das frühzeitige Out. Es folgte eine 20-jährige WM-Abstinenz, erst 1978 gelang es wieder einer ÖFB-Auswahl, sich für eine WM zu qualifizieren.
Geglückte Titelverteidigung
Auch ohne Superstar Pele, der sich schon im zweiten Spiel verletzte, verteidigte Brasilien bei der WM 1962 dank eines 3:1-Finalsiegs gegen die Tschechoslowakei erfolgreich den Titel. Gastgeber Chile holte mit Rang drei sein bis dato bestes Ergebnis, sorgte aber schon davor mit der „Schlacht von Santiago“ gegen Italien für das wohl denkwürdigste Ereignis der siebenten Endrunde.
Das 2:0 Chiles gilt auch noch heute als eines der brutalsten Spiele bei einer WM. In der aufgeheizten Atmosphäre im mit 66.057 Zuschauern ausverkauften Estadio Nacional der Hauptstadt gab es mehrere Verletzte und Platzverweise. „Ich habe kein Fußballspiel gepfiffen“, sagte Schiedsrichter Ken Aston Jahre später. „Ich habe als Schlichter in militärischen Manövern gehandelt.“
Die „Schlacht von Santiago“
Schon in der Anfangsphase gingen die Wogen hoch. Weil sich der italienische Stürmer Giorgio Ferrini nach einem Foul an Honorino Landa weigerte, den Platz zu verlassen, mussten chilenische Polizisten den Sünder abführen. In der 41. Minute gab es dann den zweiten Platzverweis, diesmal für Mario David. Erst hatte der Italiener seinen Gegenspieler Leonel Sanchez mehrmals schwer gefoult. Dann schlug ihn der Chilene nieder, ohne dass Aston das ahndete. In seiner Wut revanchierte sich David mit einem üblen Tritt an Sanchez’ Hals und musste gehen.
Damit waren die Unsportlichkeiten aber noch längst nicht vorbei: Sanchez brach Humberto Maschio mit einem linken Haken das Nasenbein. Immer wieder traten, schlugen und bespuckten sich die Kontrahenten. Um die Eskalation einigermaßen in den Griff zu bekommen, rief der englische Unparteiische zwei weitere Male die Polizei um Hilfe.
Immerhin führte der Skandal später zur Einführung der Gelben und Roten Karten. Weil die Übeltäter - aber auch die Fans - es häufig nicht verstanden, dass sie eine Verwarnung oder einen Platzverweis erhalten hatten (oder so taten, als ob), plädierte Aston für die Einführung klarer Symbole.
Das legendäre „Wembley-Tor“
Die Weltmeisterschaft 1966 hat England den bisher einzigen Titel beschert - und zwar mit dem wohl berühmtesten Treffer der Geschichte. England gewann das Finale in London gegen Deutschland mit 4:2 nach Verlängerung, das vorentscheidende 3:2 von Geoff Hurst fiel durch das „Wembley-Tor“. Bis heute wird gestritten, ob der Schuss des Engländers von der Lattenunterkante kommend auf oder hinter der Torlinie aufsprang.
In der 101. Minute herrschte zunächst großes Rätselraten, dann wurde der Schweizer Schiedsrichter Gottfried Dienst vom sowjetischen Linienrichter Tofik Bachramow überzeugt, der Ball sei drin gewesen. Dabei hatte Bachramow nur bemerkt, wie die Engländer jubelten, gab er später zu. „Ich sah auch, dass der deutsche Tormann einen untröstlichen Eindruck machte. Deshalb muss es ein Tor gewesen sein.“
Zum ersten Mal Liveübertragungen
1970 in Mexiko war ein unvergessliches Turnier für Brasilien. Mit dem dritten WM-Titel nach dem 4:1-Sieg im Endspiel gegen Italien ging der nach Jules Rimet benannte Pokal endgültig in den Besitz der Südamerikaner über. Angeführt von Pele und Jairzinho feierte die „Selecao“ sechs Siege in sechs Spielen.
Zum ersten Mal wurden Spiele aus Lateinamerika live in Europa gezeigt, was Beginnzeiten in den heißen Mittagsstunden zur Folge hatte. Wegen dieser zusätzlichen Belastung durften erstmals bei einer WM zwei Spieler pro Mannschaft und Match ausgewechselt werden.
Zweiter Titel für Deutschland
Am 7. Juli 1974 schoss Gerd Müller, der „Bomber der Nation“, Deutschland in München gegen die Niederlande zum zweiten WM-Titel. Doch der Weg war steinig, es gab interne Querelen und eine veritable Blamage mit der 0:1-Niederlage gegen die DDR. Es bedurfte schon des Wirkens von „Kaiser Franz“ Beckenbauer, der Bundestrainer Helmut Schön entmachtete und fortan selbst Taktik und Aufstellung diktierte, um den DFB-Adler auf Kurs zu bringen.
Und erstmals wurde ein FIFA-Turnier live und komplett im Farbfernsehen übertragen - alle 38 Spiele, die sich auf die Schauplätze Berlin, Hamburg, Frankfurt, Hannover, Dortmund, Gelsenkirchen, Düsseldorf, Stuttgart und München verteilten.
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