Zeit aufzuhören
Die zweifachen Rodelolympiasieger Andreas und Wolfgang Linger haben Ende März das Ende ihrer Karriere verkündet. Das Doppelsitzer-Brüderpaar hatte 2006 in Turin und 2010 in Vancouver Gold bei den Winterspielen geholt. In Sotschi eroberten sie nach einer durchwachsenen Saison Silber. Neben den Linger-Brüdern beendeten aber auch zahlreiche weitere österreichische Wintersportler ihre Karrieren.
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So stellten bei den Alpinen der frühere Slalom-Weltmeister Manfred Pranger und Stefanie Köhle ihre Ski ins Eck. Bei den Rodlern beendete auch Nina Reithmayer ihre sportliche Laufbahn im Eiskanal. Ebenfalls zurückgetreten sind Snowboard-Routinier Siegfried Grabner, Skispringer Martin Koch, Skicrosser Patrick Koller und die fünffache Paralympics-Siegerin Danja Haslacher.
Fünf WM-Medaillen, davon drei in Gold, siebenmal EM-Edelmetall, 15 Erfolge im Weltcup und ein Gesamtsieg haben die Linger-Brüder neben ihren Erfolgen bei Olympia zu Buche stehen. Der Traum vom Olympiatriple ging Mitte Februar in Sotschi nicht in Erfüllung, mit Silber setzten sie nach zwei schwierigen Saisonen dank akribischer Vorbereitung und präzisem Timing aber noch einmal einen Glanzpunkt.

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Für die Linger-Brüder gab es zum Abschluss in Sotschi noch einmal Silber
Familie rückt in den Vordergrund
Zum Weitermachen konnten sie sich nach dem Husarenstück jedoch nicht mehr durchringen. Die Familie habe bei der Entscheidung eine wichtige Rolle gespielt, betonte das Duo bei der Verkündung ihres Karriereendes am Sonntag in Wien. „Wir sind beide Familienmenschen, und auch das Feuer brennt nicht mehr so, wie es brennen müsste. Wenn man nicht mehr bereit ist, 100 Prozent herauszuholen, sollte man nicht weiterfahren“, erklärte Wolfgang Linger. Der 31-Jährige hat zwei kleine Kinder. Der eineinhalb Jahre ältere Andreas wurde einen Tag nach dem Medaillengewinn in Russland zum ersten Mal Vater.
Ex-Slalom-Weltmeister tritt ab
Familiäre Gründe spielten auch bei Manfred Pranger eine Rolle. Der 36-jährige Tiroler schaffte in der vergangenen Saison nicht mehr den Anschluss an die Weltspitze, bei Olympia in Sotschi war er nicht im österreichischen Aufgebot. Der zweifache Familienvater, der durch Verletzungen immer wieder zurückgeworfen wurde, feierte den größten Erfolg seiner Karriere bei der WM 2009 in Val d’Isere, als er Slalom-Gold eroberte. Pranger gewann drei Weltcup-Rennen, 2005 die Klassiker in Kitzbühel und Schladming sowie 2009 mit Wengen ebenfalls ein Toprennen. Bei seinen zwei Olympiateilnahmen schied er jeweils aus.

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Pranger beim Triumph in Kitzbühel 2005
Abschied schweren Herzens
Pranger sagte über die Gründe für seinen Rücktritt: „Ich wollte eigentlich gleich nach der Saison meine Karriere beenden, weil ich zuletzt immer wieder Schmerzen hatte und mich die letzte Hüftoperation weiter zurückgeworfen hat, als ich dachte. Dann wollte ich doch lieber eine Pause abwarten, weil ich mich mit den Gedanken nicht anfreunden konnte. Jetzt habe ich aber gesehen, dass es von der Gesundheit her einfach nicht mehr geht.“
„Aber auch die Familie ist wichtig, es wurde immer schwieriger, von den Kindern wegzufahren“, sagte Pranger und kämpfte wiederholt mit den Tränen. Positiv sei für ihn, dass er bis zuletzt habe machen können, „was ich am liebsten tue, nämlich Ski fahren. Aus diesem Grund fällt es mir auch so schwer aufzuhören“, so Pranger, der vom Skisport, wie er sagte, geprägt wurde.
Stefanie Köhle, die ihren größten Erfolg zu Beginn des Winters 2012/13 mit Rang drei beim Weltcup-Auftakt in Sölden gefeiert hatte, konnte sich nicht mehr ausreichend motivieren. „Die letzten zwei Saisonen haben mich körperlich, aber auch mental an meine Grenzen gebracht. Diese Grenzen ein weiteres Mal zu überschreiten bin ich nicht mehr bereit“, begründete die oftmals von Verletzungen geplagte 27-Jährige.
Nach 20 Jahren ist Schluss
Für Snowboard-Ikone Siegfried Grabner ist nach 20 Jahren im aktiven Leistungssport Schluss. Bei seinem letzten Rennen am 1. Februar beim Parallel-Weltcup in Sudelfeld schied der Olympiadritte 2006 drei Tage vor seinem 39. Geburtstag im Achtelfinale aus. Grabner war in seinem 142. Weltcup-Rennen im Frack und mit dazu passenden Handschuhen gefahren, insgesamt hatte er an über zehn Weltmeisterschaften der ISF und FIS sowie vier Olympischen Winterspielen teilgenommen, die Qualifikation für Sotschi hatte er verpasst.

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20 Jahre hat Grabner an der Weltspitze mitgemischt
Eine lange Karriere hat auch Nina Reithmayer hinter sich: Nach drei Olympiateilnahmen und elf Jahren Rennrodelsport zog die 30-jährige Tirolerin im Mai einen Schlussstrich. „Ich habe schon nach Sotschi gemerkt, dass mein Herz nicht mehr zu 100 Prozent für den Sport schlägt. Es ist mir zuletzt immer schwerer gefallen, ans Limit zu gehen“, erklärte Reithmayer die Beweggründe für das sportliche Aus. Sie freue sich nun auf einen neuen Abschnitt in ihrem Leben.
Ihren größten Erfolg feierte die quirlige Tirolerin bei ihren zweiten Spielen vor vier Jahren in Vancouver im Whistler Sliding Centre mit Olympiasilber. Reithmayer holte auch zweimal WM-Silber und einmal Bronze mit der Mannschaft.
Paralympics-Siegerin Haslacher hat genug
Bereits im März fällte die fünffache Paralympics-Siegerin Danja Haslacher ihre Rücktrittsentscheidung. Eine Ende Dezember erlittene Absplitterung des Schienbeinkopfs hatte das Antreten der 43-jährigen Salzburgerin in Sotschi verhindert. Haslacher gehört zu Österreichs erfolgreichsten Athleten bei Winter-Paralympics.
„Leider habe ich in den letzten Jahren ständig ähnliche Verletzungen erlitten. Ich habe mich immer wieder zurückgekämpft, jetzt habe ich nicht mehr die Kraft dazu. Aufgrund der neuerlichen Verletzung ist mir meine Gesundheit jetzt wichtiger als Erfolge.“

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Fünfmal hat Haslacher bei Winter-Paralympics Gold geholt
Haslacher wurde nach einem Vespa-Unfall 1988 der linke Unterschenkel amputiert, 1994 begann sie ihre Skikarriere. Fünfmal holte Haslacher bei Winter-Paralympics Gold: 1998 in Nagano im Super-G und Riesentorlauf, vier Jahre später in Abfahrt, Riesentorlauf und Slalom. 2004 krönte sie sich bei der Heim-WM in Wildschönau zur Super-G-Weltmeisterin. Haslacher ist dreifache Weltcup-Gesamtsiegerin, 2002 wurde die Einzelhandelskauffrau und bautechnische Zeichnerin zu Österreichs Behindertensportlerin des Jahres gewählt.
Koch nimmt leise Abschied
Mit Saisonende hat auch Skispringer Martin Koch seine Karriere beendet. Der groß gewachsene Athlet war keiner, der sich in den Vordergrund drängte, er war immer da, wenn das Team einen verlässlichen Mann brauchte. Seine sieben Team-Goldmedaillen bei Großereignissen (eine bei Olympia, drei bei Weltmeisterschaften, drei bei Skiflug-WM) zeugen davon. Olympiagold in Turin 2006 bezeichnet Koch im Rückblick als einen seiner schönsten Erfolge, ebenso die Skiflug-WM in Vikersund 2012.
Im Weltcup musste er lange auf seinen ersten Erfolg warten. Nach 224 Bewerben und rund einem Dutzend Podestplätzen gelang ihm 2011 in Harrachov der erste von insgesamt fünf Weltcup-Siegen. Auch ein erster Platz auf dem Holmenkollen ist darunter.
„Das Skispringen wird mir fehlen“, gab Koch zu. Das Drumherum wird er allerdings nicht vermissen. „Früher war es familiärer. Da ist man auch einmal auf ein Bier gegangen, das ist jetzt undenkbar. Und der Revoluzzer-Gedanke ist verloren gegangen. Es ist Zeit, dass ich aufhöre.“
Prioritäten ändern sich
Der zweifache Skicross-Olympiateilnehmer Patrick Koller hört ebenfalls auf. Der 31-jährige Tiroler schaffte in 53 Weltcup-Rennen viermal den Sprung auf das Podest (zweimal Zweiter, zweimal Dritter). Koller nahm an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver (CAN/30.) und 2014 in Sotschi (RUS/24.) teil. Sein bestes Resultat bei einem Großereignis war Rang sieben bei der WM 2009 in Inawashiro (JPN).
Kurz vor Saisonende hat sich Koller in Aare einen Kreuzbandriss im rechten Knie zugezogen, doch das war nicht der einzige Grund für das Ende der sportlichen Laufbahn. „Mit der Olympiateilnahme in Sotschi habe ich ein großes Ziel erreicht. Ich wäre auch noch sehr gerne die Heim-WM im kommenden Jänner am Kreischberg gefahren. Aber meine Prioritäten haben sich verschoben“, sagte Koller.
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