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Von Prince of Wales bis Lady Byng

Am Mittwoch beginnt in der National Hockey League (NHL) wieder die Jagd nach dem Stanley Cup. Die 1892 gestiftete Trophäe ist der wichtigste, aber nicht der einzige Preis, den es zu holen gibt. Denn in keiner anderen Liga werden so viele Pokale verteilt wie in der NHL. Nicht nur für sportliche Erfolge, auch für sein Verhalten abseits des Eises darf man sich Trophäen in die Vitrine stellen.

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Nicht weniger als 18 Pokale für diverse Errungenschaften können in der „Hall of Fame“ in Toronto bewundert werden. Über allem steht der Stanley Cup, jene fast einen Meter hohe und 15 Kilogramm schwere Monstrosität, die der Kapitän der Sieger alljährlich im Juni in die Luft stemmen darf. Die von Lord Frederick Arthur Stanley gestiftete und ursprünglich als Challenge Cup - der Inhaber konnte herausgefordert werden - ausgespielte Pokal wird seit 1927 als Nachfolger der „O’Brien Trophy“ an den NHL-Champion vergeben. Und anders als im American Football, Basketball oder Baseball ist der Stanley Cup ein Wanderpokal.

Berühren bringt Unglück

Jene zwei Mannschaften, die im Finale stehen, haben bereits ein Foto mit einer Trophäe. Denn auch die Sieger der Eastern und Western Conference erhalten einen Pokal. Im Osten wartet die „Prince of Wales Trophy“, im Westen wird die „Clarence S. Campbell Bowl“ verliehen. Fotos, auf denen der Kapitän der Sieger mit dem Pokal in einer Ehrenrunde durch die Arena fährt, sind selten. Denn nach NHL-Aberglauben bringt es Unglück, eine der beiden Trophäen zu berühren. In der NHL gilt: Gejubelt wird nur mit dem ultimativen Preis, dem Stanley Cup.

Justin Williams (Los Angeles Kings) jubelt mit Stanley Cup

Reuters/USA TODAY Sports/Gary A. Vasquez

Erst wenn man den Stanley Cup stemmt, ist man als NHL-Spieler glücklich

Aber auch in diesem Fall bestätigen Ausnahmen die Regel. So brachte es den Pittsburgh Penguins 1991 und 2009 Glück, dass die Kapitäne Mario Lemieux bzw. Sidney Crosby mit der „Prince of Wales Trophy“ jubelnd spazieren fuhren. Dezent fällt auch der Jubel des Gewinners der „Conn Smythe Trophy“ aus. Die nach dem ehemaligen Besitzer der Toronto Maple Leafs benannte Trophäe wird an den besten Spieler des Play-offs vergeben. Dieser muss nicht zwangsläufig aus der Meistermannschaft stammen. Goalie Jean-Sebastien Giguere musste zuletzt 2003 gute Miene zum bösen Spiel machen, als er als Stanley-Cup-Verlierer neben der Smythe-Trophy posieren musste.

Gretzky als Rekord-MVP

Mehr Freude hätte bei Giguere damals sicher die „Vezina Trophy“ ausgelöst: Seit 1982 wird die Trophäe, die nach dem 1926 an Tuberkulose verstorbenen legendären Torhüter der Montreal Canadiens, Georges Vezina, benannt ist, von den Sportjournalisten an den besten Torhüter des Grunddurchgangs vergeben. Davor wurde der Goalie mit dem geringsten Gegentorschnitt geehrt - dafür gibt es seit 1982 die „William M. Jennings Trophy“. Aus dieser Zeit datiert auch Rekordsieger Jacque Plante, der im Canadiens-Dress gleich sechsmal die Vezina-Trophy abstaubte. In der „modernen“ Ära war kein Torhüter erfolgreicher als der fünffache Sieger Dominik Hasek.

Sidney Crosby mit Hart Trophy

AP/John Locher

Sidney Crosby posierte im Vorjahr mit der begehrten Hart-Trophäe

Die höchste Auszeichnung für einen Spieler ist aber die „Hart Memorial Trophy“. Die wird alljährlich an den wertvollsten Spieler (MVP) der Saison - im amerikanischen Verständnis des Grunddurchgangs - verliehen. Bereits seit 1924 wird die Auszeichnung vergeben - im Vorjahr etwa zum zweiten Mal an Sidney Crosby. Zum Rekordsieger hat der Penguins-Superstar aber noch einen weiten Weg. Wayne Gretzky wurde in seiner einzigartigen Karriere neunmal zum MVP gewählt - darunter von 1980 bis 1987 achtmal in Folge.

Punktesammler werden belohnt

Auch für die Torjäger und Punktesammler gibt es eigene Trophäen. Der beste Torschütze einer Saison, im aktuellen Fall der russische Superstar der Washington Capitals, Alexander Owetschkin, erhält die nach Maurice „Rocket“ Richard benannte Trophäe. Wer im Grunddurchgang, wie heuer Jamie Benn von den Dallas Stars, die meisten Punkte (Tore und Assists) sammelt, dem steht seit 1948 die „Art Ross Trophy“ zu. Dass diese Auszeichnung meist an Stürmer geht, liegt in der Natur der Sache.

Nur dem legendären Bobby Orr gelang 1970 und 1975 das Kunststück, als Verteidiger bester Scorer der Saison zu sein. Dass sich Orr damals auch die „James Norris Memorial Trophy“ für den besten Verteidiger holte, überrascht da nicht. Die Bruins-Legende gewann die Norris-Trophäe überhaupt gleich achtmal in Folge. Aber auch defensiv orientierte Stürmer werden belohnt. Wer offensiv und defensiv einen bleibenden Eindruck hinterlässt, dessen Name wird auf der „Frank J. Selke Trophy“ verewigt.

Lady Byng und die Vorzeigeprofis

In der NHL zählen aber nicht nur Tore und Assists. Auch wer sich auf und abseits des Eises als Vorzeigeprofi gibt, darf für ein Jahr einen Pokal sein Eigen nennen. 1925 stiftete Evelyn Byng, die Frau des damaligen Generalgouverneurs von Kanada, jene Trophäe, die alljährlich an jenen Spieler geht, der einen hohen sportlichen Standard und dazu ein vorbildliches Benehmen an den Tag legt. Der Gewinner erhält allerdings nicht mehr die Originaltrophäe von 1925. Die bekam Frank Boucher von den New York Rangers nach seinem siebenten Sieg 1935 geschenkt, sie wurde jedoch bei einem Feuer 1962 zerstört.

Pavel Datsyuk, 2008

Reuters/Mike Cassese

Pawel Dazjuk holte sich viermal in Folge die Lady-Byng-Trophäe (l.) ab

Vorbildliches Verhalten und soziales Engagement zahlen sich für Spieler auch in Form der „King Clancy Memorial Trophy“ aus. Seit 2007 gibt es für Vorzeigeprofis auch den „Mark Messier Leadership Award“ zu holen. Im Trophäenwahn der NHL gehen auch die Trainer dank dem „Jack Adams Award“ nicht leer aus. Schafft ein Spieler nach einem Schicksalsschlag ein beeindruckendes Comeback, so steht dafür ebenfalls ein Pokal, die „Bill Masterton Memorial Trophy“, bereit. Und auch für den besten Youngster wartet mit der „Calder Memorial Trophy“ ein Pokal. Den gewann mit Michael Grabner 2011 auch fast ein Österreicher.

Vanek mit Auszeichnung

Nicht nur die Sportjournalisten, auch die Spieler selbst wählen übrigens seit 1971 den ihrer Meinung nach Besten aus ihren Reihen selbst. Und nicht immer gehen die Meinungen der Beobachter mit jenen der Spieler konform. So sahen etwa in der Saison 2012/13 die Journalisten Capitals-Star Owetschkin als den besten Spieler der Saison, die Akteure selbst verliehen den „Ted Lindsey Award“ hingegen an Pittsburgh-Star Crosby.

Mit Thomas Vanek wurde auch schon einem Österreicher eine NHL-Auszeichnung zuteil. In der Saison 2006/07 holte sich der Steirer den „Plus-Minus-Award“, der allerdings seit 2008 nicht mehr vergeben wird. Dafür gab es aber im Unterschied zu allen anderen Errungenschaften keinen Pokal. Vanek durfte sich damals allerdings mit der „Presidents’ Trophy“ trösten. Die erhält das punktebeste Team nach dem Grunddurchgang. Und das waren damals zum bisher ersten und letzten Mal in der Clubgeschichte Vanek und seine Buffalo Sabres.

Karl Huber, ORF.at

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